Die Neue Magdalena - Buch 2

Kapitel 20

Das Bekenntnis

Er blieb an der Tür stehen. Sein erster Blick galt Mercy - Julian sein zweiter.

„Ich wusste es!” sagte er, mit einer kramphaften Ruhe in seiner Haltung. „Hätte ich Lady Janet nur zu der Wette vermocht, hundert Pfund wären jetzt in meiner Tasche.” Er näherte sich Julian; aus dem Hohn ward plötzlich finsterer Zorn. „Wollen Sie wissen, um was es sich bei der Wette gehandelt hat?” fragte er.

„Ich wollte lieber, dass Sie in Gegenwart dieser Dame sich zu beherrschen im Stande wären”, antwortete Julian gelassen.

„Ich bot Lady Janet zweihundert Pfund gegen eins”, fuhr Horace fort, „dass ich Sie hier finden würde, um hinter meinem Rücken Ihre Bewerbung bei Miss Roseberry ins Werk zu setzen.”

Mercy trat dazwischen, ehe noch Julian etwas erwidern konnte.

„Wenn Sie nicht anders, als in beleidigendem Tone sprechen können”, sagte sie, „so ersuche ich Sie, mit Mister Julian Gray gar nicht zu sprechen.”

Horace verbeugte sich gegen sie mit höhnischer Ehrerbietung.

„Bitte, seien Sie deshalb unbesorgt - ich bin durch mein Wort gebunden, gegen Sie beide die ängstlichste Artigkeit zu beobachten”, sagte er. „Lady Janet hat mich erst dann von sich gelassen, als ich ihr versprach, in jeder Weise Ihnen gegenüber die äußerste Höflichkeit zu wahren. Was kann ich anderes tun? Sie beide, mit denen ich zu unterhandeln habe, sind Personen, die ein Vorrecht genießen - die eine ein Geistlicher, die andere eine Frau. Den Geistlichen schützt sein Stand; die Frau ihr Geschlecht. Sie haben beide vor mir einen Vorteil voraus und sind sich dessen bewusst. Ich bitte mich zu entschuldigen, wenn ich diese Vorrechte vergessen haben sollte.”

„Sie haben mehr als das vergessen”; sagte Julian. „Sie haben vergessen, dass Sie durch Geburt ein Edelmann, durch Ihre Stellung ein Ehrenmann sind. Was mich betrifft, so verlange ich nicht, dass Sie sich meines Standes erinnern sollen - ich kehre diesen gegen niemand hervor - aber Ihrer Herkunft, Ihrer Stellung sollen Sie sich erinnern. Genug, dass Sie einen alten Freund, der seiner Pflicht gegen Sie, gegen sich selbst niemals untreu geworden, grausam und ungerecht verdächtigen. Aber Ihrer noch unwürdiger ist es, dass Sie solchen Verdacht in Gegenwart der Dame bekennen, welcher Sie durch eigene Wahl eine doppelte Achtung schuldig sind.”

Er hielt inne. Einen Augenblick sahen beide Männer einander schweigend an.

Mercy, wie sie jetzt beide betrachtete, konnte der sich von selbst aufdrängende Vergleich zwischen Julians männlicher Kraft und Würde und Horacens weibischer Bosheit und Reizbarkeit unmöglich entgehen. Eine letzte warme Regung der Anhänglichkeit an den Mann, dem sie verlobt gewesen, trieb sie, Horace von Julian zu trennen, ehe er durch den Gegensatz, den er zu diesem bildete, in ihrer Achtung vollständig gesunken war.

„Um mit mir zu reden”, sprach sie zu ihm, „warten Sie besser ab, bis wir allein sind.”

„Gewiss”, antwortete Horace mit höhnischem Lachen, „wenn Mister Julian Gray uns dazu die Erlaubnis gibt.”

Mercy wendete sich gegen Julian; ihr Blick sagte deutlich, „bemitleiden Sie uns beide und verlassen Sie uns!”

„Wollen Sie, dass ich gehe?” fragte er.

„Fügen Sie all der Güte, die Sie mir erwiesen, noch die eine hinzu”, antwortete sie. „Erwarten Sie mich in dem Zimmer dort.”

Sie zeigte nach der Tür, die in das Speisezimmer führte. Julian zögerte noch.

„Versprechen Sie mir, es mich wissen zu lassen, wenn Sie meiner nur im Geringsten bedürfen?” sagte er.

„Ja, ja!” Sie folgte ihm, indem er sich entfernte, einige Schritte und flüsterte ihm rasch zu: „Lassen Sie die Tür offen!”

Er gab keine Antwort. Als sie zu Horace zurückkehrte, trat Julian ins Speisezimmer. Das eine, was er konnte, tat er für sie: geräuschlos schloss er die Tür; selbst ihrem feinen Ohr war es entgangen, dass er sie zugemacht hatte.

Mercy sprach zuerst, ohne abzuwarten, dass Horace es täte.

„Ich habe Ihnen eine Erklärung meines Benehmens zu geben versprochen”, sagte sie mit unwillkürlich zitternder Stimme. „Ich bin bereit, zu halten, was ich versprochen.”

„Bevor Sie dies tun, muss ich noch eine Frage an Sie richten”, versetzte er. „Können Sie die Wahrheit sagen?”

„Ich warte darauf, die Wahrheit zu sagen.”

„Ich will Ihnen dazu Gelegenheit geben. Sind Sie in Julian Gray verliebt, oder nicht?”

„Schämen Sie sich, eine solche Frage zu tun!”

„Ist das alles, was Sie darauf antworten können?”

„Ich war Ihnen niemals untreu, Horace, nicht einmal in Gedanken. Wäre ich jemals nicht wahr gegen Sie gewesen, so fühlte ich meine jetzige Lage nicht so schwer, wie ich sie fühle und so, wie Sie sehen müssen, dass ich sie fühle.”

Er lächelte bitter. „Ich habe meine eigene Ansicht von Ihrer Treue und seiner Ehrenhaftigkeit”, sagte er. „Nicht ins nächste Zimmer ließen Sie ihn gehen, ohne ihm vorher noch etwas zuzuflüstern. Das ist übrigens jetzt Nebensache. Sie wissen wenigstens, dass Julian Gray in Sie verliebt ist.”

„Niemals hat Mister Julian Gray auch nur ein Wort davon zu mir gesprochen.”

„Ein Mann kann auch, ohne es in Worten auszudrücken, zeigen, dass er eine Frau liebt.”

Mercy fühlte, dass diesen Zumutungen gegenüber ihre Geduld nicht mehr Stand hielt. Nicht Grace Roseberry hatte in so beleidigender Weise über Julian gesprochen, wie jetzt Horace. „Wer das von Mister Julian Gray sagt, lügt!” rief sie erregt.

„Dann lügt Lady Janet”, gab Horace zurück.

„Lady Janet hat das niemals gesagt; sie wäre dessen gar nicht fähig!”

„Sie mag es vielleicht nicht mit so vielen Worten gesagt haben; aber sie hat es nie geleugnet, wenn ich es sagte. Ich rief ihr ins Gedächtnis, wie Julian, als er zuerst von meiner Verlobung mit Ihnen hörte, davon so überwältigt war, dass er kaum mehr gegen mich höflich sein mochte. Lady Janet war dabei und konnte es nicht leugnen. Ich fragte sie, ob sie seitdem irgend Zeichen eines vertraulichen Einverständnisses zwischen Ihnen beiden bemerkt hatte. Sie konnte auch diese nicht leugnen. Ich fragte sie, ob sie Sie beisammen gefunden hätte. Sie hatte es; am heutigen Tage selbst und unter Umständen, die einen Verdacht rechtfertigen. Ja! Ja! Blicken Sie nur zornig, so zornig Sie wollen! Sie wissen nicht, was oben vorgegangen ist. Lady Janet will unser Verhältnis lösen - und weshalb? Wegen Julian Gray.”

In Bezug auf Julian hatte Horace gänzlich Unrecht. Aber in Bezug auf Lady Janet gab er nur die Worte wieder, mit welchen Julian selbst Mercy gewarnt hatte. Sie war betroffen, allein noch hielt sie ihre Ansicht fest. „Ich glaube es nicht!” sagte sie bestimmt.

Er trat einen Schritt näher und heftete seinen zornigen Blick forschend auf sie.

„Wissen Sie, weshalb mich Lady Janet rufen ließ?” fragte er.

„Nein.”

„So will ich es Ihnen sagen. Lady Janet ist Ihnen eine zuverlässige Freundin; das ist nicht zu leugnen. Sie wollte mir mitteilen, dass sie in Betreff der angekündigten Erklärung über Ihr Verhalten sich eines anderen besonnen habe. „Bei reiflichem Nachdenken”, sprach sie, „habe ich die Überzeugung gewonnen, dass es keiner Erklärung bedarf; ich habe meiner Pflegetochter den gemessenen Befehl erteilt, sie darum aufzugeben. Hat sie dies getan?”

„Ja.”

„Nun, merken Sie wohl! Ich wartete, bis sie zu Ende war, dann fragte ich, was ich denn damit zu tun hätte? Lady Janet hat eine gute Eigenschaft - sie spricht sich offen aus. Sie antwortete, ich solle ihrem Beispiel folgen. Auch ich sollte die Erklärung als unnötig aufgeben und die ganze Angelegenheit fortan vergessen sein lassen. „Meinen Sie das im Ernst?” fragte ich sie. „Vollkommen.” „In diesem Falle muss ich Ihnen sagen”, fuhr ich fort, „dass Sie mehr fordern, als Sie vielleicht meinen - Sie fordern damit die Lösung meines Verhältnisses zu Miss Roseberry. Entweder sie gibt die Erklärung, die sie mir zugesagt, oder ich weigere mich, sie zu heiraten.” Wie, glauben Sie, nahm Lady Janet dies auf? Sie presste ihre Lippen zusammen, breitete ihre Hände aus, und ihr Blick sagte mir geradezu: „Tue, wie du willst! Weigere dich; mir macht das nichts!”

Er hielt einen Augenblick inne. Auch Mercy verharrte in Schweigen; sie ahnte, was kommen würde. Hatte sich Julian darin geirrt, dass er meinte, Horace werde das Haus verlassen, so war auch der Schluss unrichtig gewesen, dass jener dort oben zur Lösung seines Verhältnisses angeregt worden sei.

„Verstehen Sie mich so weit?” fragte Horace.

„Vollkommen.”

„So will ich Ihre Geduld nur mehr kurz i Anspruch nehmen”, fuhr er fort. „Ich sagte zu Lady Janet: „Antworten Sie mir gütigst in klaren Worten. Bleiben Sie dabei, Miss Roseberry Schweigen aufzuerlegen?” „Ich bleibe dabei”, war ihre Antwort. „Es bedarf keiner Erklärung. Denken Sie so niedrig, um Ihre Braut zu verdächtigen, so bin ich gerecht, an meine Pflegetochter zu glauben.” Darauf erwiderte ich - und ich bitte Sie, wohl zu merken, was ich jetzt sagen werde - „Es ist nicht recht von Ihnen, mir eine solche Denkungsart zur Last zu legen. Ich verstehe weder die vertraulichen Beziehungen, in denen sie zu Julian Gray steht, noch ihr Betragen gegenüber dem Polizeibeamten. Ich fordere es als mein Recht, in beiden Punkten die Wahrheit zu erfahren - es gebührt mir, der ich sie heiraten soll, die Wahrheit zu wissen!” Das war meine Antwort. Mit allem Weiteren will ich Sie verschonen. Ich habe nur wiederholt, was ich Lady Janet sagte. Sie gebietet Ihnen, zu schweigen. Folgen Sie ihr, so bin ich es mir und meiner Familie schuldig, unser Verhältnis zu lösen. Wählen Sie nun zwischen der Pflicht, die Sie gegen Lady Janet, und der, die Sie gegen mich haben.”

Endlich war er seiner selbst Herr geworden. Er sprach mit Würde und in dem Sinne, wie es ihm zukam. So wie er jetzt dastand, forderte er nur sein Recht.

„Ich hatte gewählt”, antwortete Mercy, „als ich Ihnen oben das Versprechen gab.”

Sie wartete einen Augenblick ab; die Enthüllungen, die sie zu geben im Begriffe war, machten sie beben und raubten ihr fast die Beherrschung. Sie schlug vor seinem Blicke die Augen nieder; ihr Herz pochte rascher und rascher - doch die Selbstbeherrschung behielt in ihr die Oberhand. Mit verzweifeltem Mut trat sie der unabweislichen Notwendigkeit gegenüber. „Wenn Sie mich anhören wollen”, fuhr sie fort, „will ich Ihnen nun sagen, weshalb ich darauf drang, dass der Polizeibeamte fortgeschickt werde.”

Horace erhob mahnend seine Hand.

„Halt!” rief er. „Das allein ist es nicht.”

Seine törichte Eifersucht auf Julian, er deutete ihre Erregung in verhängnisvoller Weise falsch, misstraute ihr auch jetzt, da sie sprechen wollte.

Sie hatte über die eine Frage - Einschreiten vor dem Diener der Gerechtigkeit - Aufklärung geben wollen; die andere Frage wegen ihrer Beziehungen zu Julian hatte sie wohlbedacht zu übergehen gesucht. Horace zog daraus sofort seine unedlen Schlüsse.

„Lassen Sie uns einander nur recht verstehen”, sagte er. „Was Sie mir über den Grund Ihres Verhaltens in jenem Zimmer dort mitzuteilen haben, ist nur ein Teil Ihrer Verpflichtungen gegen mich. Sie haben sich auch noch wegen etwas anderem zu verantworten. Haben Sie die Güte, lieber damit anzufangen.”

Sie blickte ihn mit unverstellter Überraschung an.

„Weswegen sollte ich mich noch weiter zu verantworten haben?” fragte sie.

Er wiederholte, was er Lady Janet erwidert hatte.

„Ich habe Ihnen bereits gesagt”, sprach er, „dass ich wissen will, in welchem Verkehr Sie mit Julian Gray stehen.”

Mercy stieg das Blut in die Wangen; ihre Augen glänzten vor Zorn.

„Reden Sie davon nicht”, rief sie mit ausbrechendem Widerwillen. „Um Gottes willen setzen Sie sich nur in diesem Augenblicke nicht in meiner Achtung herab!”

Dieses Appellieren an sein besseres Gefühl spornte nur noch seine Hartnäckigkeit an.

„Ich werde davon reden!”

Sie hatte sich vorgesetzt, alles von ihm zu ertragen - zur Strafe für den Betrug, dessen sie sich schuldig gemacht. Aber sie hätte kein Weib sein müssen, um in dem Augenblicke, wo ihre bebenden Lippen die ersten Worte des Bekenntnisses sprechen wollten - Horacens unwürdigen Verdacht gegen sie ruhig hinzunehmen. Sie erhob sich von ihrem Stuhl und blickte ihm fest ins Auge.

„Ich könnte mich und Mister Julian Gray nur entwürdigen”, sagte sie, „wenn ich Ihnen hierauf antwortete.”

„Bedenken Sie, was Sie damit tun”, versetzte er. „Ändern Sie Ihren Sinn, ehe es zu spät ist!”

„Sie haben meine Antwort bereits gehört!”

Diese entschlossenen Worte, dieser feste Widerstand schienen ihn rasend zu machen. Er packte sie ungestüm beim Arm.

„Sie sind falsch wie die Hölle”, schrie er. „Zwischen uns ist es aus!”

Der laute, drohende Ton, mit dem er gesprochen, war durch die geschlossene Tür in das Speisezimmer gedrungen. Die Tür öffnete sich jetzt, und Julian trat wieder herein.

Er tat eben den ersten Schritt, da klopfte es an der anderen Tür, die nach der Vorhalle führte. Ein Diener erschien mit einer telegraphischen Depesche in der Hand. Mercy gewahrte sie zuerst. Es war die Antwort der Hausmutter auf den Brief, den sie in das Besserungshaus geschrieben hatte.

„Ist sie an Mister Julian Gray?” fragte sie.

„Ja, Miss.”

„Geben Sie sie mir.”

Sie winkte dem Diener, sich zu entfernen und gab selbst Julian das Telegramm. „Es ist auf mein Ansuchen an Sie gerichtet”, sagte sie. „Sie werden den Namen der Absenderin erkennen und darin eine Nachricht für mich enthalten finden.”

Horace trat dazwischen, ehe Julian Zeit hatte, das Telegramm zu eröffnen.

„Sie haben da eine neue Heimlichkeit miteinander!” sagte er. „Geben Sie mir das Telegramm.”

Julian blickte ihn mit Verachtung an.

„Es ist an mich gerichtet”, antwortete er - und erbrach den Umschlag.

Der Inhalt lautete: „Ich fühle nicht weniger Teilnahme für sie, als Euer Hochwürden. Sagen Sie ihr, dass ich ihren Brief erhalten habe und sie von Herzen im Besserungshaus willkommen heiße. Geschäfte führen mich heute abend in ihre Nähe; ich werde selbst in Mablethorpe-House bei ihr vorsprechen.”

Die Botschaft erklärte sich von selbst. Freiwillig hatte sie sich der vollständigsten Buße unterworfen! Freiwillig kehrte sie zum Märtyrertum ihres früheren Lebens zurück! Im Bewusstsein, dass er in Horaces Gegenwart jedes zweideutige Wort, jede zweideutige Handlung vermeiden müsse, verriet Julian nur in dem glühenden Blick, den er auf Mercy richtete, welche hohe Bewunderung er für sie empfand. Horace aber gewahrte den Blick. Er sprang vor und versuchte, Julian das Telegramm zu entreißen.

„Geben Sie es mir!” rief er zornig. „Ich will es haben!”

Julian schob ihn schweigend auf Armeslänge zurück.

Völlig wahnsinnig vor Wut erhob er drohend seine Hand. „Geben Sie es mir”, wiederholte er zwischen den Zähnen, „oder Sie sollen sehen, was Ihnen geschieht!”

„Mir geben Sie es!” rief Mercy und trat plötzlich zwischen sie.

Julian gab es ihr. Sie reichte es Horace mit festem Blicke, mit fester Hand.

„Lesen Sie”, sagte sie.

Julians edler Sinn bemitleidete den Mann, der ihn beleidigt hatte. Seine große Seele sah in ihm nur den Freund aus früheren Tagen.

„Schonen Sie ihn!” sprach er zu Mercy. „Bedenken Sie, dass er nicht vorbereitet ist!”

Sie regte sich nicht und antwortete nicht. Nichts löste die Erstarrung, mit der sie sich in ihr Schicksal ergeben hatte. Sie fühlte, dass ihre Zeit gekommen war.

Julian wandte sich zu Horace.

„Lesen Sie nicht!” rief er. „Hören Sie erst, was sie Ihnen zu sagen hat!”

Horace antwortete ihm mit einer verächtlichen Handbewegung. Seine Augen verschlangen gierig Wort für Wort das Telegramm der Hausmutter.

Er blickte auf, als er es durchgelesen hatte. Sein Gesicht, das er jetzt Mercy zuwandte, war furchtbar verändert.

Sie stand wie eine Bildsäule zwischen den beiden Männern da. Alles Leben schien aus ihr gewichen; nur in ihren Augen, wie sie jetzt auf Horace gerichtet waren, schimmerte Festigkeit und Milde.

Nichts unterbrach die Stille, als ein leises Gemurmel Julians. Er hatte das Gesicht mit seinen Händen bedeckt - er betete für sie.

Horace sprach - den Finger auf das Telegramm gelegt. Wie sein Gesicht, war auch seine Stimme verändert. Sie klang tonlos und zitternd. Niemand hätte sie als Horaces Stimme erkannt.

„Was bedeutet dies?” sprach er zu Mercy. „An Sie kann das nicht sein?”

„Es ist an mich.”

„Was haben Sie mit einem Besserungshause zu tun?”

Ohne eine Miene zu verziehen, ohne zu zucken, sprach sie die verhängnisvollen Worte:

„Ich bin in einem Besserungshaus gewesen und kehre dahin zurück, Mister Horace Holmcroft - ich bin Mercy Merrick!”


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