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Namenlos



IX.

Mrs. Ruddock (Inhaberin eines Logishauses) an
Mr. Loscombe.

Parkterasse,
St. John’s Wood,
den 2. Juni.

Mein Herr!

Da ich auf Anweisung der Mrs. Noël Vanstone Briefe für Sie, welche an Sie gerichtet waren, auf die Post geschafft habe und niemand Anderes kenne, an das ich mich wenden könnte, so erlauben Sie mir, Ihnen die Frage vorzulegen, ob Sie mit Jemand von der Familie derselben bekannt sind; denn ich halte es für recht, daß dieselben angeregt werden sollten, einige Schritte betreffs ihrer zu thun.

Mrs. Vanstone kam zuerst im vergangenen November zu mir, wo sie und ihre Dienerin Zimmer bei mir inne hatten. Bei jener Gelegenheit und auch bei dieser hat sie mir keinen Anlaß gegeben, über sie zu klagen. Sie hat sich wie eine Dame betragen und mich richtig bezahlt. Ich schreibe als Hausmutter im Gefühle meiner verantwortlichen Stellung, ich schreibe nicht ans eigennützigen Gründen.

Nachdem Mrs. Vanstone, welche jetzt ganz allein dasteht, mir richtig gekündigt hat, wird sie mich morgen verlassen. Sie hat mir nicht verhohlen, daß ihre Umstände sich sehr zu ihren Ungunsten verändert haben und daß sie eben deshalb mein Haus verlasse. Das ist Alles, was sie mir sagte, ich weiß nicht, wo sie hingeht, noch was sie zunächst zu thun vor hat. Aber ich habe allen Grund zu glauben, daß sie alle Spuren hinter sich zu vernichten wünscht, wenn sie diese Wohnung verlassen haben wird; denn ich fand sie gestern in Thränen, wie sie Briefe verbrannte, die ohne Zweifel von ihren Freunden waren. In Ansehen und Benehmen hat sie sich in der letzten Woche zum Erschrecken verändert. Ich glaube, es besteht eine schreckliche Verwirrung in ihrem Geiste, und ich fürchte nach Dem, was ich von ihr sehe, daß sie auf dem Punkte steht, in eine schwere Krankheit zu verfallen. Es ist sehr traurig, ein so junges Wesen so jämmerlich verlassen und verwaist zu sehen, wie sie jetzt ist.

Entschuldigen Sie, daß ich Sie mit diesem Briefe behellige; aber es war mir eine Gewissenssache, ihn zu schreiben. Wenn Sie Jemand von ihren Verwandten kennen, so seien Sie so gütig und setzen Sie denselben in Kenntniß, daß keine Zeit zu verlieren ist Wenn sie den morgenden Tag verlieren, werden sie die letzte Möglichkeit verlieren, sie ausfindig zu machen.

Ihre ganz ergebene Dienerin,

Katharina Ruddock.


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