Gesetz und Frau
Neuntes Kapitel.
Auf der Rückreise.
Wenn ich die Heimkehr in meinem eigenen Wagen angetreten, würden die folgenden Capitel nicht geschrieben worden sein; denn ehe wir eine Meile zurückgelegt, hätte ich dem Kutscher befohlen, umzukehren.
Kann man denn immer entschlossen sein?
Bei Beantwortung dieser Frage denke ich mehr an die Frauen als an die Männer. Ich war entschlossen gewesen, indem ich Mr. Playmores taubes Ohr zu einem hörenden machte, indem ich den Rathschlägen meiner Schwiegermutter widerstand, indem ich einen Platz aus dem französischen Dampfer nahm.
Gleich, nachdem ich denselben bestiegen, sagte ich aber zu mir selbst: »Du Elende, Du hast Deinen Gatten verlassen!« Ich würde meine Seligkeit darum gegeben haben, wenn ich das Schiff hätte anhalten können. Es war eine qualvolle, entsetzliche Reise für mich. Nur einen Tröster führte ich bei mir, es war eine Locke von Eustace’s Haar. Ich raubte sie ihm eines Morgens, als er noch schlief.
Es wird allgemein gesagt, daß die Zeit der beste Tröster für betrübte Seelen sei. Nach meiner eigenen Erfahrung leistet die Entfernung in ähnlichen Fällen noch bessere Dienste. Ich kam sehr bald zu ruhigeren Reflectionen. Ich gewann die Ueberzeugung, daß der Empfang meines Gatten, nach dem ersten freudigen Aufleuchten der Ueberraschung, das Vertrauen seiner Mutter nicht gerechtfertigt haben würde.
Wenn es auch ein Wagniß war, zu Mr. Dexter zurückzukehren, so war es vielleicht ein ebenso großes, mich uneingeladen einem Manne aufzudrängen, welcher zu wiederholten Malen, erklärt hatte, daß unser ferneres Zusammenleben unmöglich und daß unser eheliches Glück vernichtet sei.
An Englands Küste angekommen, blieb ich einen Tag in Portsmouth, um mich etwas zu erholen, und drei Briefe zu schreiben.
Einen an Benjamin, bei dem ich mich zum nächsten Abend anmeldete. Den zweiten an Mr. Playmore mit der Benachrichtigung daß ich im Begriff sei, den letzten Versuch zur Durchdringung des Geheimnisses von Gleninch zu machen. Den dritten an Eustace in welchem ich ihm gestand, daß ich ihn während seiner Krankheit gepflegt, und in welchem ich ihm den einzigen Grund mittheilte, weshalb ich ihn wieder verlassen. Den letzten Brief schloß ich in ein Schreiben an meine Schwiegermutter ein, in dem ich es ihrem Dafürhalten überließ, wann sie denselben an Eustace aushändigen wollte. Unter allen Umständen verbot ich ihr aber, meinem Gatten mitzutheilem welch neues Band uns jetzt zusammenknüpfte. Er sollte die Freudenbotschaft nur von meinen Lippen hören.
Als ich diese drei Briefe geschrieben, war sich bereit, den letzten Trumpf in dem Spiele um mein Lebensglück wegzugeben, nicht wissend, ob ich es gewinnen, oder ob ich es verlieren würde.
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