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Die Neue Magdalena - Nachschrift

Fünfter Auszug

„Mercys Ballkleid - ein Geschenk der gütigen Lady Janet - ist vollendet. Ich durfte das Kunstwerk sehen, als es zum erstenmale probiert wurde. Ich verstehe mich nicht im geringsten auf den Wert von Seide und Spitzen, allein das eine weiß ich - meine Frau wird die Schönste auf dem Balle sein.

Noch am selben Tage sprach ich bei Lady Janet vor, um ihr zu danken, und hatte dabei Gelegenheit, meine Kenntnis des wunderlichen, originellen Charakters meiner lieben, alten Tante um einen neuen Zug zu bereichern.

Sie war eben im Begriffe, einen Brief zu zerreißen, als ich zu ihr in das Zimmer trat. Bei meinem Anblicke hielt sie inne und gab mit den Brief. Es war Mercys Schrift. Lady Janet deutete auf eine Stelle der letzten Seite. „Sagen Sie Ihrer Frau nebst meinen Grüßen”, sprach sie, „dass ich noch hartnäckiger bin als sie. Ich weigere mich auf das Entschiedenste zu lesen, wie ich mich weigere, zu hören, sobald sie es versucht, auf den einen Gegenstand zurückzukommen. Nun geben Sie mir den Brief wieder.” Ich tat es und sah, wie sie ihn vor meinen Augen in Stücke zerriss. Der eine Gegenstand, dessen Erwähnung sie Mercy so strenge verbietet, ist immer derselbe, dass sie sich nämlich für Grace Roseberry ausgegeben hat! Die Art und Weise, wie meine Frau darauf hinwies, hätte nicht natürlicher und zartfühlender sein können. Gleichviel. Das Lesen der ersten Zeile war genug. Lady Janet schloss die Augen und vernichtete den Brief - sie will leben und sterben, ohne die wahre Geschichte „Mercy Merricks” zu kennen. Welche unlösbare Rätsel wir Menschen sind! Ist es deshalb wunderbar, dass wir uns immer missverstehen?”


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