Mann und Weib



Viertes Kapitel - Die Beiden

Er trat einen Schritt vor und blieb dann stehen,

Ganz in Gedanken versunken hörte Anne ihn nicht und rührte sich nicht.

»Ich bin gekommen, weil Du darauf bestanden hast«, sagte er von ihrer Erscheinung betroffen, »aber bedenke wohl, daß wir hier nicht sicher sind.«

Bei dem Klange seiner Stimme drehte sich Anne nach ihm um. Als sie langsam aus dem Hintergrunde des Garten-Pavillons herkam, trat in ihrem Gesicht eine plötzliche Veränderung des Ausdrucks hervor, welche eine sonst nicht bemerkbare Aehnlichkeit mit ihrer Mutter erkennen ließ. Wie die Mutter in vergangenen Tagen den Mann, der sie verleugnete, angeblickt hatte, so blickte jetzt die Tochter Geoffrey Delamayn an: mit derselben furchtbaren Ruhe und demselben furchtbaren Ausdruck der Verachtung!«

»Nun«, begann er, »was hast Du mir zu sagen?«

»Geoffrey Delamayn«, sagte sie, »Du gehörst zu den Großen dieser Welt, Du bist der Sohn eines Edelmannes, Du bist schön, Du bist beliebt in Deinen Clubs; Du hast Zutritt zu den besten Häusern in England, aber bist Du nicht bei alledem noch etwas Anderes? Bist Du nicht auch ein Feigling und ein Schurke dazu?«

»Er fuhr zusammen, öffnete die Lippen um zu sprechen, hielt aber ein und machte einen nicht sehr glücklichen Versuch die Sache wegzulachen »Komm, komm«, erwiderte er, »bleibe ruhig!«

Ihre bis jetzt zurückgehaltene Leidenschaft fing an hervorzubrechen »Ruhig bleiben soll ich?« wiederholte sie; »von allen Menschen bist Du wohl der letzte, der ein Recht hätte mich zur Selbstbeherrschung zu ermahnen. Wie schwach muß Dein Gedächtniß sein; hast Du die Zeit vergessen, wo ich thöricht genug war zu glauben, daß Du mich liebtest? Und war ich nicht wahnsinnig genug zu glauben, daß Du Dein Versprechen halten könntest?«

Er wiederholte den Versuch über die Sache zu lachen.

»Wahnsinnig ist nicht der richtige Ausdruck, Anne.«

»Wenn ich an meine Verblendung zurückdenke, so kann ich sie mir nicht erklären, ich verstehe mich selbst nicht! Was konnte ich an Dir finden, das auf mich eine solche Anziehungskraft ausübte?« fragte sie im Tone geringschätziger Verwunderung.

Sein unerschütterlicher Gleichmuth war selbst gegen diese Angriffe stichfest. Er steckte die Hände in die Tasche und sagte: »Ich weiß es wahrhaftig nicht!«

Sie wandte sich von ihm weg; diese offene brutale Antwort hatte sie nicht beleidigt, aber diese Antwort drängte ihr das grausame Bewußtsein auf, daß sie Niemanden als sich selbst für die Lage zu tadeln habe, in der sie sich in diesem Augenblick befand. Sie wollte ihn nicht merken lassen, wie schwer dieses Bewußtsein und die Erinnerung an vergangene Tage auf ihr laste. Es war eine traurige Geschichte, an die sich diese Erinnerungen knüpften.

Bei Lebzeiten ihrer Mutter war Anne das lieblichste liebenswürdigste Kind gewesen. Später unter der Obhut der Freundin ihrer Mutter, waren ihre Mädchenjahre so harmlos und glücklich verlaufen, daß es scheinen konnte, als ob die in ihr schlummernden Leidenschaften niemals erwachen würden.

So hatte sie fortgelebt, bis sie zur Jungfrau herangereift war, um dann, als sich ihr Leben zu seiner schönsten Blüthe entfaltet hatte, es in einen einzigen verhängnißvollen Augenblick an den Mann, der jetzt vor ihr stand, wegzuwerfen —— ——

Mie war das möglich gewesen? —— Sie hatte ihn mit andern Augen angesehen, als sie ihn jetzt ansehen mußte, sie hatte ihn gesehen als den Helden einer Wettruderfahrt, als den Sieger in einem Kampfe, in welchem Kraft und Geschicklichkeit den Ausschlag gaben, und der ganz England in Begeisterung versetzte, sie hatte ihn als den Mittelpunkt des Interesses, als das Ideal der Begeisterung und des Beifalls der Massen gesehen. Sein waren die Arme, deren Muskeln in den Zeitungen verherrlicht wurden; er war der erste unter den Helden, der als der Stolz und die Blüthe Englands von zehntausend jubelnden Kehlen begrüßt wurde. In diese Atmosphäre des glühendsten Enthusiasmus der Vergötterung der physischen Kraft nun denke man sich ein Mädchen versetzt. Darf man da verständiger und billiger Weise erwarten, daß sie sich kaltblütig fragt: »welchen moralischen und intellectuellen Werth hat das Alles?« Und noch dazu, wenn dieser Mann, der Gegenstand der allgemeinen Vergötterung ihr vorgestellt wird, wenn er Geschmack an ihr findet und sie vor allen Anderen auszeichnet?!

Jetzt stand sie da, von dem Bewußtsein ihres Geheimnisses gemartert, des schrecklichen Geheimnisses, welches sie vor dem unschuldigen Mädchen, an dem sie mit schwesterlicher Zärtlichkeit hing, verbarg. Erst jetzt, wo es zu spät war, durchschaute sie den Mann und erkannte sie seinen ganzen Unwerth. Erst jetzt, wo sie nur von ihm Rettung vor Schande erhoffen konnte, mußte sie sich fragen, was liebenswerth an einem Manne sei, der sie so behandeln konnte, wie er es eben jetzt that.

Es entstand eine Pause peinlichen Schweigens im Garten-Pavillon. Aus der Ferne erklang das heitere Lärmen der Spielenden auf dem Rasen. Draußen muntere Stimmen, Lachen aus jugendlichen Kehlen, das Stoßen des Hammers auf den Ball, —— drinnen ein Weib, das die bitteren Thränen des Kummers und der Schmach zurückdrängt —— und ihr gegenüber ein Mann, der kein Hehl daraus macht, daß er ihrer überdrüssig ist.

Endlich raffte sie sich auf, sie war die Tochter ihrer Mutter und trug einen Funken des mütterlichen Muthes in sich; ihre Zukunft hing von dem Ausgange dieser Zusammenkunft ab. Sie durfte, da ihr weder Bruder noch Vater zur Seite stand, einen letzten Versuch an sein besseres Ich nicht unterlassen; sie drängte ihre Thränen gewaltsam zurück und sagte in milderem Tone:

»Seit drei Wochen bist Du jetzt auf dem Landsitz Deines Bruders, nicht zehn Meilen von hier entfernt, Geoffrey, und nicht ein einziges Mal bist Du herübergeritten, um mich zu sehen! Du wärest auch heute nicht gekommen, wenn ich nicht in einem Billet an Dich, darauf bestanden hätte; habe ich eine solche Behandlung von Dir verdient?«

Sie hielt inne. Er antwortete nicht.

»Hörst Du mich nicht?« fragte sie vortretend und Ihre Stimme erhebend.

Er schwieg noch immer.

Das überstieg das Maß des Ertragbaren. Die Vorzeichen eines Unwetters wurden deutlich auf ihrem Gesicht erkennbar. Er kam dem Ausbruch desselben mit eiserner Stirne zuvor. Während ihn der Gedanke an diese Zusammenkunft, vorhin im Rosengarten unbehaglich gestimmt hatte, war er jetzt, wo er ihr gegenüberstand, wieder vollkommen Herr seiner selbst. Er hatte Gemüthsruhe genug, sich zu erinnern, daß er seine Pfeife nicht wieder in ihr Etui gesteckt hatte, Gemüthsruhe genug, diese Versäumniß in aller Gelassenheit nachzuholen, bevor er sich mit etwas Anderem beschäftigte. Er zog das Etui aus der einen und die Pfeife aus der andern Tasche.

»Fahre fort, ich höre!«

Sie schlug ihm die Pfeife ans der Hand. Wenn sie Kraft genug besessen hätte, würde sie ihn selbst auf den Boden des Garten-Pavillons niedergestreckt haben.

»Wie darfst Du es wagen, mich so zu behandeln?« brach sie heftig aus, »Dein Benehmen ist niederträchtig, vertheidige es, wenn Du es kannst.«

Er mochte gar keinen Versuch, sich zu vertheidigen. Mit dem Ausdruck einer unverhohlenen Besorgniß blickte er aus seine am Boden liegenden Pfeife, die ihn 10 Schilling gekostet hatte! »Ich will erst meine Pfeife vom Boden aufnehmen«, sagte er.«

Sein Gesicht erheiterte sich, er sah schöner aus als je, als er den kostbaren Gegenstand unversehrt fand und wieder in sein Etui steckte. »Wie gut«, sagte er bei sich, »daß sie mir die Pfeife nicht zerbrochen hat.«

»Ich appellire an Dein eigenes gesundes Urtheil«, sagte er jetzt in ruhigem und verständigem Tone, »wozu nützt es, daß Du Dich so heftiger Ausdrücke gegen mich bedienst; wünschest Du, daß die da Draußen Dich hören? Aber so seid Ihr Frauen Alle; man kann es anfangen wie man will, man bemüht sich vergebens, Euch ein bischen Vorsicht beizubringen.«

Hier hielt er inne und erwartete eine Antwort Von ihr.

Sie ihrerseits aber forderte ihn auf, fortzufahren.

»Sieh’«, sagte er, »Du hast gar keinen Grund, mir zu zürnen; ich will ja mein Wort nicht brechen, aber was kann ich thun, ich bin nicht der älteste Sohn meines Vaters, sondern hänge ganz und gar von ihm ab und stehe schon ohnedies auf schlechtem Fuße mit ihm; siehst Du jetzt, wie die Sache liegt? Du bist eine Dame, das weiß ich recht gut, aber Du bist doch nur eine Gouvernante. Es ist so gut in Deinem Interesse wie in meinem, wenn ich warte, bis mein Vater für mich gesorgt hat, mit einem Wort, wenn ich Dich jetzt heirathe, bin ich ein ruinirter Mensch.«

Diesmal blieb sie ihm die Antwort nicht schuldig.

»Du Schurke, und wenn Du mich nicht heirathest, bin ich ein zu Grunde gerichtetes Mädchen.«

»Was willst Du damit sagen?«

»Das weißt Du! Sieh mich nicht so an.«

»Wie kann ich ein Mädchen, das mich einen Schurken schilt, anders ansehen?

Plötzlich aber änderte sie ihren Ton.

Das in jedem Menschen schlummernde Element der Bestialität, zu dessen Bewältigung die Erziehung grade« dieses Mannes am Wenigsten geeignet gewesen war, fing an, sich in dem Ausdruck seiner Augen und in seiner Stimme leise zu zeigen.

Es war klar, daß Einer von Beiden nachgeben mußte.

Für das Weib stand am meisten auf dem Spiel und sie war es daher, die sich fügte.

»Sei nicht so hart gegen mich«, bat sie, »ich will auch nicht hart gegen Dich sein.«

»Der Zorn hat mich überwältigt, Du kennst meine heftige Gemüthsart, es thut mir leid, daß ich mich vergessen habe!«

»Geoffrey! meine ganze Zukunft liegt in Deiner Hand, willst Du mir nicht Gerechtigkeit angedeihen lassen?«

Sie trat nahe an ihn heran und legte ihre Hand auf seinen Arm.

»Hast Du mir kein Wort zu sagen?«

Keine Antwort, nicht einmal ein Blick.

Sie wartete noch einen Augenblick, dann aber ging wieder eine merkwürdige Veränderung mit ihr vor.

Sie wandte sich um und ging langsam auf die Thür des Garten-Pavillons zu.

»Es thut mir leid, daß ich Sie gestört habe, Mr. Delamayn, ich will sie nicht länger incommodiren.«

Er sah sie an. Sie hatte die Worte in einem Tone gesprochen, den er an ihr nicht kannte; in ihren Augen leuchtete ein unheimliches Feuer.

Mit, einer plötzlichen und gewaltigen Bewegung streckte er die Hand nach ihr aus und hielt sie zurück.

»Wo willst Du hin?« fragte er.

Ihm gerade in’s Gesicht sehend, antwortete sie:

»Wohin seht viele junge Mädchen vor mir gegangen sind, fort aus dieser Welt!«

Er zog sie sanft an sich heran und sah ihr scharf in’s Auge. Selbst sein Verstand reichte hin, zu erkennen, daß er sie aufs Aeußerste gebracht hatte.

»Du willst Dir das Leben nehmen?«

»Ja, das will ich!«

Er ließ ihren Arm los.

»Bei Gott!« sagte er, »sie meint es wirklich!«

In dieser Gewißheit schob er einen der im Garten.Pavillon stehenden Stühle mit dem Fuß zu sich heran und sagte in rohem Ton:

»Setze Dich.«

Sie hatte ihm Furcht eingeflößt, und Furcht ist ein Gefühl, dass Männer seines Schlages selten befällt und das sie, wenn es sie einmal beschleicht, durch lautes und brutales Wesen zu übertäuben suchen.

Sie that, wie er ihr geheißen hatte.

»Hast Du mir kein Wort zu sagen?« fragte er mit einem Fluch.

»Nein!«

unbeweglich saß sie da und unbekümmert um den Ausgang.

Er ging einen Augenblick auf und ab, kam zurück und schlug mit der Hand zornig auf die Lehne seines Stuhls.

»Was willst Du?«

»Du weißt, was ich will.«

Er ging wieder auf und ab.

Es blieb ihm nichts übrig, als seinerseits nachzugehen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen wollte, daß sie in ihrer Verzweiflung etwas thäte, was ein ungeheures Aussehen machen würde und seinem Vater zu Ohren kommen könnte.

»Höre Anne«, sagte er plötzlich, ich habe Dir eine Proposition zu machen.«

Sie sah zu ihm auf.

»Was meinst Du zu einer heimlichen Ehe?

Ohne etwas zu fragen oder irgend einen Einwand zu erheben, antwortete sie ebenso kurz, wie er es gethan hatte: »ich erkläre mich mit einer heimlichen Ehe einverstanden!«

Auf der Stelle fing er wieder an zu zögern.

»Ich muß gestehen, ich weiß nicht, wie sich die Sache machen läßt.«

Hier unterbrach sie ihn. »Aber ich weiß es.«

»Was«, rief er argwöhnisch, »Du hast schon selbst an die Sache gedacht?«

»Ja«

»Und schon einen Plan entworfen? Warum hast Du mir das nicht früher gefragt?«

Sie antwortete stolz: »Weil es an Dir war, zuerst zu reden.«

»Nun gut, ich habe ja zuerst gesprochen, erklärst Du Dich mit einem kurzen Aufschub einverstanden?«

»Nein, nicht einen Tag« erwiderte sie in höchst entscheidendem Tone.

»Wozu denn die große Eile?«

»Kannst Du nicht sehen? Hast Du Augen?« fragte sie leidenschaftlich. Kannst Du nicht hören? Siehst Du nicht, wie Lady Lundie mich beobachtet? Hörst Du nicht, wie sie mit mir spricht? Sie hat bereits Verdacht geschöpft. Ich muß jeden Augenblick gewärtig sein, mit Schimpf und Schande von hier entlassen zu werden.«

Sie ließ den Kopf auf die Brust sinken und blickte aus ihre im Schooße ruhenden Hände.

»Und Blanche, murmelte sie mit wiederausbrechenden Thränen, die sie dieses Mal nicht zurückhielt, »Blanche, die zu mir aufblickt, die mich liebt, die mir an eben dieser Stelle, vor wenigen Augenblicken sagte, daß ich bei ihr leben müsse, wenn sie verheirathet sein würde.«

Plötzlich erhob sie sich von ihrem Sitz und ihre Augen waren wieder trocken; der Ausdruck der Verzweiflung stand von Neuem in ihrem bleichen, abgehärmten Gesicht zu lesen.

»Laß mich! was sind alle Schrecken des Todes im Vergleich zu meinem Leben.«

Sie maß ihn vom Scheitel bis zur Sohle mit einem einzigen Blick der Verachtung. Mit dem lautesten und festesten Tone, der ihr zu Gebote stand, sagte sie:

»Würdest Du in meiner Lage nicht den Muth haben zu sterben, Geoffrey?«

Geoffrey sah hinaus auf den Rasen.

»Still, man wird Dich hören!«

»Laß sie mich hören! Wenn ich sie nicht mehr zu hören brauche, was liegt mir daran!«

Er zwang sie, sich wieder zu setzen. Im nächsten Augenblicke würde man sie draußen, trotz allen Lärmens und Gelächters der Spielendem haben hören müssen.

»Sage mir nur, was Du von mir willst und ich bin bereit Alles zu thun, nur sei verständig. Ich kann Dich doch heute nicht mehr heirathen?

»Warum nicht?

»Rede doch nicht solchen Unsinn, Haus und Garten hier sind voll von Gästen, wie ist es möglich?«

»Es ist möglich; ich habe darüber nachgedacht seit wir hier sind, ich habe Dir etwas vorzuschlagen. willst Du mich anhören oder nicht?«

»Sprich leise!«

»Willst Du mich anhören oder nicht?«

»Es kommt Jemand!«

»Willst Du mich anhören oder nicht?«

»Hole der Teufel Deinen Eigensinn, ich will Dich anhören!«

Diese Worte hatte sie ihm abgerungen; das war die Antwort, die sie haben mußte, die einzige, die ihr noch Hoffnung übrig ließ.

Kaum hatte er sich bereit erklärt sie anzuhören, als sie wieder für die dringende Nothwendigkeit empfänglich wurde, einer Entdeckung durch eine beliebige dritte Person, die in den Garten-Pavillon geschlendert kommen mochte, vorzubeugen.

Sie erhob den Finger zum Zeichen des Schweigens und horchte hinaus, was draußen auf dem Rasen vorgehe. Man hörte den dumpfen Aufschlag des Hammers auf die Balle nicht mehr, das Spiel war zu Ende.

Im nächsten Augenblick hörte sie ihren Namen rufen; noch einen Augenblick und eine ihr bekannte Stimme sagte: »Ich weiß wo sie ist, ich will sie holen.«

Sie wandte sich gegen Geoffrey und deutete auf den Hintergrund des Garten-Pavillons. »Ich bin an der Reihe zu spielen, Blanche kommt, um mich zu holen. Watte da hinten, ich will ihr auf der Treppe entgegengehen.« Mit diesen Worten ging sie hinaus.

Es war ein kritischer Augenblick. Eine Entdeckung wäre für beide Theile gleich verhängnißvoll gewesen.

Geoffrey hatte bei der Schilderung seines Verhältnisses zu seinem Vater nicht übertrieben; Lord Holchester hatte zweimal seine Schulden bezahlt und hatte dann erklärt, ihn nicht wiedersehen zu wollen. Wenn er sich noch einmal etwas zu Schulden kommen ließ, mußte er einer Enterbung gewärtig sein.

Anne’s Weisung folgend suchte er jetzt einen Ausweg, für den Fall, daß es ihm nicht gelingen sollte aus der Vorderthür zu entkommen. In der hintern Wand war eine Thür angebracht, deren sich die Domestiken zu bedienen hatten, wenn Picknicks oder Thee-Gesellschaften im Garten-Pavillon gegeben wurden.

Die Thür öffnete sich nach außen und war verriegelt. Mit seiner Riesenkraft war das leicht zu überwinden, er stemmte sich mit der Schulter gegen die Thür und öffnete sie auf diese Weise gewaltsam. In dem Augenblick aber fühlte er eine Hand auf seinem Arm. Anne stand allein hinter ihm.

»Es kann bald kommen, daß Du diese Thür nöthig hast«, sagte sie beim Anblick der offenen Thür, ohne irgend ein Erstaunen zu äußern, jetzt hast Du sie nicht nöthig. Ich habe einen Stellvertreter beim Spiel gefunden und habe Blanche gesagt, ich sei nicht wohl. Setze Dich. Ich habe uns einen Aufschub von fünf Minuten verschafft und muß denselben bestens benutzen. Nach Verlauf dieser fünf Minuten wird Lady Lundie’s Argwohn sie hierherführen um sich nach meinem Befinden zu erkundigen. Jetzt mach’ die Thüre zu;" sie setzte sich und deutete auf einen neben ihr stehenden Stuhl.

»Komm zum Schluß«, sagte er ungeduldig, »was willst Du?«

»Wir können uns noch heute heimlich verheirathen, höre mich an und ich will Dir sagen wie.«


Vorheriges Kapitel
Nächstes Kapitel
Inhaltsverzeichnis für diese Geschichte