Namenlos



VII.
Mrs. Wragge an ihren Mann.

lieber Herre um Gotteswillen kommen Sie und stehen Sie uns bei Sie hatte gestern einen schrecklichen Brief ich weiß nicht welcher Art aber sie las ihn im Bette und als ich mit dem Frühstück hereinkam fand ich sie todt und wenn der Arzt nicht zwei Thüren davon gewesen wäre so würde niemand Anders sie wieder ins Leben zurückgebracht haben und sie sitzt und sieht entsetzlich aus und will kein Wort sprechen und ihre Augen entsetzen mich so sehr daß ich von Kopf bis zu Fuße zittere und bebe ach thun Sie mirs zu Liebe und kommen Sie ich habe mich beeilt so sehr als nur möglich und ich habe sie so gern und sie war immer so gut gegen mich und der Wirth sagt er fürchte sie werde sich ein Leids anthun ich wünschte ich könnte gerade schreiben aber ich zittere so sehr Ihr gehorsames Eheweib matilde wragge entschuldigen Sie die Fehler und ich bitte Sie kommen Sie und stehen Sie uns bei. Der Doktor gut Mann wird noch Einiges mit eigner Hand hinzufügen aus Furcht Sie könnten meine Schrift nicht lesen und verbleibe noch ein mal Ihr gehorsames Eheweib matilde wragge.

(Nachschrift vom Doctor.)
Sir,

erlauben Sie mir Sie zu benachrichtigen, daß ich gestern in ein Nachbarhaus auf der Vauxhallpromenade gerufen wurde, um einer jungen Dame Beistand zu leisten, welche plötzlich erkrankt war. Ich konnte sie nur mit äußerster Anstrengung aus einer der hartnäckigsten Ohnmach en erwecken, welche mir in meiner Erinnerung vorgekommen sind. Seit jener Zeit hat sie keinen Rückfall gehabt, aber es besteht jedenfalls irgend ein schwerer Kummer, der auf ihrer Seele lastet und welchen es bisher unmöglich war, von ihr wegzunehmen. Sie sitzt, wie mir berichtet wird, ganz still und durchaus ohne Bewußtsein von Allem, was um sie vorgeht, stundenlang mit einem Briefe in der Hand, welchen sie sich von Niemandem nehmen läßt. Wenn dieser Zustand des Seelendruckes andauert, so können die traurigsten Gemüthsstörungen daraus folgen; und ich thue nur meine Schuldigkeit, wenn ich rathe, daß irgend eine Verwandte oder Freundin sich ihrer annehme, welche Einfluß genug über sie hat, um sie aufzurichten.

Ihr gehorsamer Diener,
Richard Jarvis,
praktischer Wundarzt


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