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Zwei Schicksalswege

Frau van Brands MissgeschickTHE DISASTERS OF MRS. VAN BRANDT
Wenn jemand seinen Abend so verlebt hat, wie ich, mag er sich ruhig nachher zu Bett legen im Falle er nichts andres zu tun hat, aber er kann vernünftiger Weise nicht erwarten, dass »zu Bett gehn« dann auch »schlafen und Ruhe finden« heißt. Als es längst Morgen war und das Gasthaus sich wieder in vollster Unruhe befand, begannen sich meine Augen erst zum Schlafe zu schließen, als ich erwachte, war es auf meiner Uhr nah an der Mittagsstunde.A MAN who passes his evening as I had passed mine, may go to bed afterward if he has nothing better to do. But he must not rank among the number of his reasonable anticipations the expectation of getting a night's rest. The morning was well advanced, and the hotel was astir, before I at last closed my eyes in slumber. When I awoke, my watch informed me that it was close on noon.
Ich klingelte. Mein Diener erschien mit einem Briefe in der Hand, der vor drei Stunden von einer Dame, die beim Hotel vorfuhr, und dann weiter fuhr, abgegeben worden war. Da ich schlief, als mein Diener in das Schlafzimmer gekommen war und ich ihm nicht befohlen hatte mich in dem Fall zu wecken, hatte er den Brief auf einen Tisch in meinem Wohnzimmer gelegt, bis ich klingelte.I rang the bell. My servant appeared with a letter in his hand. It had been left for me, three hours since, by a lady who had driven to the hotel door in a carriage, and had then driven away again. The man had found me sleeping when he entered my bed-chamber, and, having received no orders to wake me overnight, had left the letter on the sitting-room table until he heard my bell.
Wohl wissend von wem der Brief war, öffnete ich ihn sogleich und bemerkte im ersten Augenblick kaum, dass dabei eine Einlage heraus fiel. Der Brief versetzte mich in die größte Spannung und ich las gierig die ersten Zeilen, die mich benachrichtigten, dass die Schreiberin mir zum zweiten Male entflohen war - sie hatte frühmorgens Edinburgh verlassen! Die Einlage war mein Empfehlungsbrief an die Modistin, den sie mir zurückschickte.Easily guessing who my correspondent was, I opened the letter. An inclosure fell out of it--to which, for the moment, I paid no attention. I turned eagerly to the first lines. They announced that the writer had escaped me for the second time: early that morning she had left Edinburgh. The paper inclosed proved to be my letter of introduction to the dressmaker returned to me.
Ich war im höchsten Grade empört, denn ich sah diese zweite Flucht als eine schwere Beleidigung für mich an. Fünf Minuten später befand ich mich angekleidet auf dem Wege nach dem Gasthause in Canongate, wohin ich so schnell gelangte, als ein Pferd irgend laufen konnte. I was more than angry with her--I felt her second flight from me as a downright outrage. In five minutes I had hurried on my clothes and was on my way to the inn in the Canongate as fast as a horse could draw me.
Die Dienerschaft konnte mir gar keine Auskunft geben, da sie nichts von ihrer Flucht wusste.The servants could give me no information. Her escape had been effected without their knowledge.
Als ich mich darauf an die Wirtin wendete, verweigerte mir diese geflissentlich jeden Beistand in dieser Angelegenheit. »Ich habe der Dame versprochen,« sagte mir die widerspenstige Person, »kein Wort auf irgend eine Ihrer Fragen zu antworten und nach meiner Ansicht ist sie im vollen Recht, und handelt, wie es einer ehrbaren Frau geziemt, wenn sie jede Beziehung zu Ihnen abbricht. Ich habe Sie gestern Abend durch das Schlüsselloch beobachtet, mein Herr, und wünsche Ihnen jetzt einen Guten Morgen.«The landlady, to whom I next addressed myself, deliberately declined to assist me in any way whatever. "I have given the lady my promise," said this obstinate person, "to answer not one word to any question that you may ask me about her. In my belief, she is acting as becomes an honest woman in removing herself from any further communication with you. I saw you through the keyhole last night, sir. I wish you good-morning."
Ich versuchte, nachdem ich in mein Hotel zurückgekehrt war, alles, um sie aufzufinden, es gelang mir auch den Fuhrmann, der sie fuhr zu entdecken, er hatte sie aber nur an einem Laden abgesetzt und war dann entlassen. Ich erkundigte mich in dem Laden, wo ich aber nichts weiter erfuhr, als dass eine verschleierte Dame, die in der Hand eine Reisetasche trug, Leinenzeug gekauft habe. Darauf sendete ich an die verschiedenen Reisebüreaus eine Beschreibung ihrer Person, der denn auch drei junge Damen »die verschleiert waren und Reisetaschen trugen,« entsprachen, welche aber die Fliehende war, die ich suchte, war unmöglich zu entscheiden. Zur Zeit der Eisenbahnen und elektrischen Telegraphen, würde es mir wohl gelungen sein, sie aufzufinden, in jenen Tagen aber von denen ich schreibe, konnte sie jeder Verfolgung trotzen.Returning to my hotel, I left no attempt to discover her untried. I traced the coachman who had driven her. He had set her down at a shop, and had then been dismissed. I questioned the shop-keeper. He remembered that he had sold some articles of linen to a lady with her veil down and a traveling-bag in her hand, and he remembered no more. I circulated a description of her in the different coach offices. Three "elegant young ladies, with their veils down, and with traveling-bags in their hands," answered to the description; and which of the three was the fugitive of whom I was in search, it was impossible to discover. In the days of railways and electric telegraphs I might have succeeded in tracing her. In the days of which I am now writing, she set investigation at defiance.
In der Hoffnung, dass irgend ein Federstrich in ihrem Briefe, mir die Auskunft geben konnte, die ich sonst vergeblich suchte, las ich ihn wieder und wieder. Ich lasse hier die wörtlich von dem Original abgeschriebene Erzählung folgen, die sie mir übersendet hatte:I read and reread her letter, on the chance that some slip of the pen might furnish the clew which I had failed to find in any other way. Here is the narrative that she addressed to me, copied from the original, word for word:
»Mein Herr! Verzeihen Sie mir, wenn ich Sie wiederum in der Weise verlasse, wie ich es in Pertshire tat, aber, meiner Schwäche und des Einflusses, den Sie auf mich auszuüben scheinen, wohl eingedenk, bleibt mir nach den Ereignissen des gestrigen Abends keine Wahl, als Ihnen für alle Ihre Güte herzlich zu danken und Ihnen Lebwohl zu sagen. Dass ich in so unfreundlicher Weise von Ihnen scheide und es wage Ihnen Ihren Empfehlungsbrief zurückzuschicken, kann nur meine traurige Lage entschuldigen, da ich durch Benutzung desselben Ihnen ja den Weg zu mir offen lassen würde und das darf um Ihret- wie um meinetwillen nicht geschehn. Zum zweiten Male in meinem Leben dürfen Sie die Gelegenheit mir Ihre Liebe zu gestehn, nicht finden und darum muss ich verschwinden ohne dass Sie je meine Spur auffinden können.«"DEAR SIR--Forgive me for leaving you again as I left you in Perthshire. After what took place last night, I have no other choice (knowing my own weakness, and the influence that you seem to have over me) than to thank you gratefully for your kindness, and to bid you farewell. My sad position must be my excuse for separating myself from you in this rude manner, and for venturing to send you back your letter of introduction. If I use the letter, I only offer you a means of communicating with me. For your sake, as well as for mine, this must not be. I must never give you a second opportunity of saying that you love me; I must go away, leaving no trace behind by which you can possibly discover me.
Dass ich mein armseliges Leben Ihrem Mute und Ihrem Mitleid verdanke, werde ich nie vergessen und räume Ihnen als meinem Erretter, das Recht ein zu erfahren, was mich zu jenem verzweifelten Schritt trieb und in welcher Lage ich mich jetzt befinde, um darin, dank Ihnen, weiter zu leben. Sie sollen meine düstere Geschichte also hören, mein Herr, und ich will möglichst kurz damit sein:"But I cannot forget that I owe my poor life to your compassion and your courage. You, who saved me, have a right to know what the provocation was that drove me to drowning myself, and what my situation is, now that I am (thanks to you) still a living woman. You shall hear my sad story, sir; and I will try to tell it as briefly as possible.
Ich heiratete vor nicht langer Zeit einen Holländer namens van Brandt. Verzeihen Sie mir wenn ich einzelne Familienverhältnisse berühre. Gerne hätte ich Ihnen über meinen teuren verstorbenen Vater und meine Heimat geschrieben, aber ich sehe nicht die Linien auf dem Papier, so trüben Tränen meine Augen, wenn ich der glücklichen Vergangenheit gedenke."I was married, not very long since, to a Dutch gentleman, whose name is Van Brandt. Please excuse my entering into family particulars. I have endeavored to write and tell you about my dear lost father and my old home. But the tears come into my eyes when I think of my happy past life. I really cannot see the lines as I try to write them.
Herr van Brandt, um nur das anzuführen, war, ehe ich ihn heiratete, meinem Vater warm empfohlen und erst jetzt habe ich erfahren, dass er unter falschen Vorspiegelungen seinen Freunden diese Empfehlungen entlockte, das Nähere darüber will ich Ihnen ersparen. Ahnungslos über seine Handlungsweise, lebte ich glücklich mit ihm. Wenn er auch, aufrichtig gestanden, nicht der erste Gegenstand meiner Neigung war, so war er doch nach meines Vaters Tode der einzige Mensch, dem ich angehörte. Ich achtete und bewunderte ihn und glaube ohne Überhebung sagen zu können, dass ich ihn auch beglückte.«"Let me, then, only say that Mr. Van Brandt was well recommended to my good father before I married. I have only now discovered that he obtained these recommendations from his friends under a false pretense, which it is needless to trouble you by mentioning in detail. Ignorant of what he had done, I lived with him happily. I cannot truly declare that he was the object of my first love, but he was the one person in the world whom I had to look up to after my father's death. I esteemed him and respected him, and, if I may say so without vanity, I did indeed make him a good wife.
So, mein Herr, verging die Zeit leidlich gut bis zu jenem Abende, wo Sie mich auf der Brücke sahen."So the time went on, sir, prosperously enough, until the evening came when you and I met on the bridge.
Ich war allein im Garten und beschäftigte mich mit dem Verschneiden einiger Hecken, als mein Mädchen mir meldete, dass eine fremde Dame vorgefahren sei, die mich auf einige Augenblicke zu sprechen wünsche. Das Mädchen musste voraus laufen, um die Dame in mein Wohnzimmer zu führen, wohin ich ihr, sowie ich meine Toilette geordnet hatte, folgte, um meinen Besuch zu empfangen. Sie war eine entsetzliche Erscheinung mit erhitztem, lebhaftem Gesicht und großen, unverschämten Augen. »Sind Sie Frau van Brandt?« fragte sie, was ich bejahte. »Sind Sie wirklich mit ihm verheiratet?« fragte sie weiter. Natürlicherweise beleidigte mich diese Frage tief und ich sagte: »Wie können Sie wagen daran zu zweifeln?« Sie lachte mir ins Gesicht. »Lassen Sie van Brandt rufen,« fuhr sie fort, worauf ich selbst auf den Flur ging, um ihn aus den oberen Zimmern herunterzurufen, wo er sich beim Schreiben befand. »Ernst« rief ich, »komm sofort herunter, hier ist eine Person, die mich beleidigt hat!« Sowie er mich hörte, trat er aus seinem Zimmer. Die Frau war mir auf den Flur gefolgt. Als sie ihn sah, machte sie eine kleine Verbeugung. Er erblasste, als er sie erblickte. Das erschreckte mich und ich fragte ihn: »Um Gotteswillen, was bedeutet das?« Er erfasste meinen Arm und sprach: »Ich werde es Dir sogleich sagen, aber erst geh' in den Garten zurück und betritt das Haus nicht eher bis ich Dich rufen lasse.« Ich war wahrhaft entsetzt über sein verändertes Aussehen und seine unheimlichen Blicke und ließ mich ruhig von ihm bis zur Gartentür führen. Da drückte er mir die Hand und flüsterte: »Tu' um meinetwillen um was ich Dich bitte, mein Liebling.« Ich ging in den Garten und setzte mich auf die nächste Bank, wo ich zitternd wartete was kommen würde."I was out alone in our garden, trimming the shrubs, when the maid-servant came and told me there was a foreign lady in a carriage at the door who desired to say a word to Mrs. Van Brandt. I sent the maid on before to show her into the sitting-room, and I followed to receive my visitor as soon as I had made myself tidy. She was a dreadful woman, with a flushed, fiery face and impudent, bright eyes. 'Are you Mrs. Van Brandt?' she said. I answered, 'Yes.' 'Are you really married to him?' she asked me. That question (naturally enough, I think) upset my temper. I said, 'How dare you doubt it?' She laughed in my face. 'Send for Van Brandt,' she said. I went out into the passage and called him down from the room upstairs in which he was writing. 'Ernest,' I said, 'here is a person who has insulted me. Come down directly.' He left his room the moment he heard me. The woman followed me out into the passage to meet him. She made him a low courtesy. He turned deadly pale the moment he set eyes on her. That frightened me. I said to him, 'For God's sake, what does this mean?' He took me by the arm, and he answered: 'You shall know soon. Go back to your gardening, and don't return to the house till I send for you.' His looks were so shocking, he was so unlike himself, that I declare he daunted me. I let him take me as far as the garden door. He squeezed my hand. 'For my sake, darling,' he whispered, 'do what I ask of you.' I went into the garden and sat me down on the nearest bench, and waited impatiently for what was to come.
Wie lange Zeit verging, weiß ich nicht, aber zuletzt konnte ich die namenlose Angst nicht länger ertragen und ging ins Haus zurück."How long a time passed I don't know. My anxiety got to such a pitch at last that I could bear it no longer. I ventured back to the house.
»Dort lauschte ich auf dem Flur, hörte aber nichts, auch im Wohnzimmer, dessen Tür ich mich näherte, war Alles still, da fasste ich Mut und öffnete die Tür."I listened in the passage, and heard nothing. I went close to the parlor door, and still there was silence. I took courage, and opened the door.
»Das Zimmer war leer, nur ein Brief lag auf dem Tisch. Da ich meines Mannes Handschrift erkannte und der Brief meine Adresse trug, so öffnete ich ihn und las. Er sagte mir, dass ich verlassen, entehrt und zu Grunde gerichtet sei. Die Frau mit dem unruhigen Gesicht und den unverschämten Augen war van Brandts gesetzliche Gattin. Sie hatte ihm die Wahl gestellt, ob er ihr sofort folgen oder wegen Bigamie angeklagt sein wollte, er hatte das Erstere gewählt und - mich verlassen."The room was empty. There was a letter on the table. It was in my husband's handwriting, and it was addressed to me. I opened it and read it. The letter told me that I was deserted, disgraced, ruined. The woman with the fiery face and the impudent eyes was Van Brandt's lawful wife. She had given him his choice of going away with her at once or of being prosecuted for bigamy. He had gone away with her--gone, and left me.
»Erinnern Sie sich, mein Herr, dass meine beiden Eltern tot waren und ich keine Verwandten hatte. Ich stand ganz allein in der Welt, ohne ein Wesen, das mich trösten oder mir raten konnte und dazu kommt, dass ich, wie Sie selbst wissen, sehr empfindlich gegen die geringste Schmähung oder Beleidigung bin, die man mir zufügt. Ist es ein Wunder, dass ich mich da zu dem Schritte entschloss, den ich an jenem Abende auf der Brücke ausführen wollte?"Remember, sir, that I had lost both father and mother. I had no friends. I was alone in the world, without a creature near to comfort or advise me. And please to bear in mind that I have a temper which feels even the smallest slights and injuries very keenly. Do you wonder at what I had it in my thoughts to do that evening on the bridge?
Glauben Sie mir, ich hätte vielleicht nie daran gedacht mir das Leben zu nehmen, wären mir in jenen Stunden Tränen vergönnt gewesen, aber es kam keine Träne. Ein banges, dumpfes Gefühl umklammerte mir Kopf und Herz und ich ging ohne Nachdenken an den Fluss. Auf dem Wege sagte ich mir ganz ruhig: »Dort kannst Du Allem ein Ende machen und je eher je lieber. Den andern Verlauf wissen Sie so gut, wie ich selbst und so kann ich gleich vom nächsten Morgen reden - dem Morgen, wo ich Sie so undankbar in dem Gasthause am Flussufer verließ."Mind this: I believe I should never have attempted to destroy myself if I could only have burst out crying. No tears came to me. A dull, stunned feeling took hold like a vise on my head and on my heart. I walked straight to the river. I said to myself, quite calmly, as I went along, 'There is the end of it, and the sooner the better.'
Die Furcht, dass van Brandt mich wiederfinden könnte, wenn ich in Portshire blieb, war der einzige Grund, der mich veranlasste, die erste Gelegenheit zu benutzen, um weiter zu reisen. Der Brief, den er mir auf dem Tisch zurückließ, war voll Beteuerungen seiner Liebe und seiner Gewissensbisse, abgesehen von allen Entschuldigungen über seine nichtswürdige Handlungsweise gegen mich. Er schrieb mir, dass er halb noch als Knabe zu einer geheimen Ehe mit einer verworfenen Frau verleitet worden sei, die aber durch gegenseitiges Übereinkommen längst getrennt war. Als er sich zuerst um mich bewarb, hätte er mit Bestimmtheit annehmen müssen, dass sie tot war, wodurch dieser Irrtum entstanden und wie sie erfahren habe, dass er mit mir verheiratet sei, müsse er erst noch ergründen. Um eine Einmischung der Gerichte und eine Bloßstellung vor der ganzen Nachbarschaft zu vermeiden, sei er mit ihr gegangen, da er ihren wütenden Charakter wohl kenne, hoffe aber in wenigen Tagen zu mir zurückzukehren. Wenn er sich durch eine Erhöhung ihres Jahrgeldes von ihr losgekauft haben würde, dann wollte er mit mir ins Ausland gehen, wo mir jeder neue Kummer fern bleiben sollte, denn ich wäre vor Gott sein Weib und die Einzige, die er je geliebt. So ging es weiter und weiter."What happened after that, you know as well as I do. I may get on to the next morning--the morning when I so ungratefully left you at the inn by the river-side. "I had but one reason, sir, for going away by the first conveyance that I could find to take me, and this was the fear that Van Brandt might discover me if I remained in Perthshire. The letter that he had left on the table was full of expressions of love and remorse, to say nothing of excuses for his infamous behavior to me. He declared that he had been entrapped into a private marriage with a profligate woman when he was little more than a lad. They had long since separated by common consent. When he first courted me, he had every reason to believe that she was dead. How he had been deceived in this particular, and how she had discovered that he had married me, he had yet to find out. Knowing her furious temper, he had gone away with her, as the one means of preventing an application to the justices and a scandal in the neighborhood. In a day or two he would purchase his release from her by an addition to the allowance which she had already received from him: he would return to me and take me abroad, out of the way of further annoyance. I was his wife in the sight of Heaven; I was the only woman he had ever loved; and so on, and so on.
Jetzt werden Sie einsehen, mein Herr, wie gewagt es für mich war in Ihrer Nachbarschaft zu bleiben, der bloße Gedanke daran macht mich schaudern. Ich war entschlossen, den Mann, der mich so schmählich hintergangen hatte, nie wieder zu sehen und das ist auch noch mein Wille, nur mit dem Vorbehalt, dass ich meinen Vorsatz ändern würde, wenn ich sichere Kunde von dem Tode seiner Frau hätte und das ist nicht wahrscheinlich. Lassen Sie mich fortfahren und Ihnen erzählen, was ich tat, als ich in Edinburgh ankam. Der Fuhrmann empfahl mir das Gasthaus in Canongate, wo Sie mich fanden und von dort schrieb ich gleich am andern Tage an die Verwandten meines Vaters in Glasgow über meinen Aufenthalt hier und über die verlassene Lage, in der ich mich befand."Do you now see, sir, the risk that I ran of his discovering me if I remained in your neighborhood? The bare thought of it made my flesh creep. I was determined never again to see the man who had so cruelly deceived me. I am in the same mind still--with this difference, that I might consent to see him, if I could be positively assured first of the death of his wife. That is not likely to happen. Let me get on with my letter, and tell you what I did on my arrival in Edinburgh. "The coachman recommended me to the house in the Canongate where you found me lodging. I wrote the same day to relatives of my father, living in Glasgow, to tell them where I was, and in what a forlorn position I found myself.
Mit der nächsten Post schon erhielt ich eine Antwort. Das Oberhaupt unserer Familie und dessen Frau schrieben mir, dass ich sie augenblicklich nicht in Glasgow besuchen könne. Da sie Geschäfte hätten, die sie nach Edinburgh führen würden, könnte ich sie hier sobald als irgend möglich erwarten."I was answered by return of post. The head of the family and his wife requested me to refrain from visiting them in Glasgow. They had business then in hand which would take them to Edinburgh, and I might expect to see them both with the least possible delay.
Ihrem Versprechen gemäß suchten sie mich auch auf und begegneten mir mit aller Rücksicht, liehen mir auch eine kleine Summe Geldes, als sie hörten, wie bedenklich es mit meiner Kasse stand, aber ich glaube nicht, dass Einer von ihnen wahrhafte Teilnahme für mich fühlte. Bei ihrer Abreise verwiesen sie mich an meines Vaters andere Verwandte in England. Vielleicht tue ich ihnen mit meiner Vermutung Unrecht, aber ich glaube sie wünschten mich sobald als möglich los zu sein, wie man so zu sagen pflegt."They arrived, as they had promised, and they expressed themselves civilly enough. Moreover, they did certainly lend me a small sum of money when they found how poorly my purse was furnished. But I don't think either husband or wife felt much for me. They recommended me, at parting, to apply to my father's other relatives, living in England. I may be doing them an injustice, but I fancy they were eager to get me (as the common phrase is) off their hands.
Der Tag der Abreise meiner Verwandten, mein Herr, an dem ich ganz verlassen zurückblieb, war eben der Tag, an dem ich jenen wunderbaren Traum von Ihnen hatte, über den wir schon sprachen. Ich blieb immer noch in dem Hause in Canongate, teils weil die Wirtin freundlich gegen mich war, teils weil ich mich so niedergedrückt fühlte, das ich keine neuen Pläne machen mochte."The day when the departure of my relatives left me friendless was also the day, sir, when I had that dream or vision of you which I have already related. I lingered on at the house in the Canongate, partly because the landlady was kind to me, partly because I was so depressed by my position that I really did not know what to do next.
In dieser elenden Lage befand ich mich, als Sie mich auf meinem Lieblingsspaziergange von Holyrood nach St. Antonios Brunnen, trafen. Sein Sie versichert, dass Ihre freundliche Teilnahme an meinem Schicksal nicht an eine Unwürdige verschwendet ist, denn welchen größeren Segen konnte ich vom Himmel erstehen, als einen Bruder und Freund zu finden. Leider haben Sie diese Hoffnung selbst durch unser Beisammensein in dem Gasthauszimmer zerstört, aber ich tadle Sie darum nicht, denn ich fürchte, dass ich Sie unbewusst zu dem was Sie taten, ermutigte. Ich bin nur unendlich traurig, dass mir keine andere Wahl bleibt, als Sie nie wiederzusehen."In this wretched condition you discovered me on that favorite walk of mine from Holyrood to Saint Anthony's Well. Believe me, your kind interest in my fortunes has not been thrown away on an ungrateful woman. I could ask Providence for no greater blessing than to find a brother and a friend in you. You have yourself destroyed that hope by what you said and did when we were together in the parlor. I don't blame you: I am afraid my manner (without my knowing it) might have seemed to give you some encouragement. I am only sorry--very, very sorry--to have no honorable choice left but never to see you again.
Ich bin nun zu dem Entschluss gekommen, nachdem ich viel nachgedacht habe, dass ich mich an jene andern Verwandten meines Vaters wenden will, denen ich noch nichts über meine Lage mitteilte. Mir bleibt als einzige Hoffnung nur der Gedanke, dass sie mir zu irgendeinem ehrenwerten Broterwerb verhelfen werden. Gott segne Sie, Mr. Germaine. Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen Wohlfahrt und Glück und verbleibe immer Ihre ergebene Dienerin"After much thinking, I have made up my mind to speak to those other relatives of my father to whom I have not yet applied. The chance that they may help me to earn an honest living is the one chance that I have left. God bless you, Mr. Germaine! I wish you prosperity and happiness from the bottom of my heart; and remain, your grateful servant,
M. van Brandt."M. VAN BRANDT.
Nachschrift. Um Ihnen zu beweisen, dass ich Ihnen von Anfang bis zum Ende der Wahrheit gemäß getreu berichtet, unterzeichne ich meinen Namen oder den Namen, den ich einst mit Recht zu tragen glaubte. In Zukunft muss ich um meiner Sicherheit willen unter einem andern Namen leben und möchte am Liebsten den Namen wieder annehmen, den ich als glückliches Kind trug, aber van Brandt kennt ihn und ich habe ihn, wenn auch ohne mein Verschulden, befleckt. Leben Sie wohl, mein Herr, und gestatten Sie mir meinen wiederholten Dank.«"P.S.--I sign my own name (or the name which I once thought was mine) as a proof that I have honestly written the truth about myself, from first to last. For the future I must, for safety's sake, live under some other name. I should like to go back to my name when I was a happy girl at home. But Van Brandt knows it; and, besides, I have (no matter how innocently) disgraced it. Good-by again, sir; and thank you again."
Dieses war der Inhalt des Briefes.So the letter concluded.
Ich las ihn in einer ganz gedrückten und unvernünftigen Stimmung und fand Alles unrecht was die arme Frau van Brandt getan hatte. Erstens war es unrecht von ihr, dass sie überhaupt geheiratet hatte, dann war es ebenfalls unrecht, dass sie daran dachte Herrn van Brandt jemals wieder zu sehen, selbst, wenn seine rechtmäßige Gattin inzwischen gestorben sein sollte. Es war unrecht von ihr, dass sie mir meinen Empfehlungsbrief zurückschickte, den ich mir obenein die Mühe gemacht hatte nach ihrer wandelbaren Laune zu ändern. Es war unrecht, über einen gestohlenen Kuss und eine Liebeserklärung so übertrieben spröde Ansichten zu haben, als hätte ich einen ebenso großen Schurkenstreich begangen, wie Herr van Brandt und schließlich war das das schwerste Unrecht von allen, dass sie nur den Anfangsbuchstaben ihres Taufnamens unterzeichnet hatte. Ich liebte nun diese Frau leidenschaftlich und wusste nicht einmal mit welchem süßen Namen ich sie in Gedanken nennen konnte. »M. van Brandt!« Nun konnte ich sie Maria, Margarethe, Mabel, Magdalene, Mary nennen, nein, Mary doch nicht. War auch die alte kindliche Liebe erstorben, ihr Andenken war mir doch noch wert. Wenn die »Mary« aus jenen Tagen noch lebte, würde sie mich so behandelt haben wie diese Frau? Niemals! Ich tat schon Unrecht unter ihrem teuren Namen an dieses herzlose Wesen zu denken, hatte ich denn allen Stolz, alle Selbstachtung verloren? Wie musste ich jetzt handeln, wo ich in der Blüte meiner Jahre stand, ein schönes Vermögen besaß und vor mir die Welt voll angenehmer Frauengesichter und reizender Frauengestalten lag? Sollte ich auf meinen Landsitz zurückkehren und über den Verlust eines Weibes trauern, das mich vorsätzlich verlassen hatte, oder mir einen Kurier und einen Reisewagen bestellen, um sie leicht unter fremden Menschen und Umgebungen zu vergessen? Der Gedanke an eine Vergnügungsreise durch Europa reizte meine Einbildungskraft in der Stimmung, in der ich mich augenblicklich befand. Zuerst erregte ich in meinem Hotel durch das plötzliche Einstellen aller Nachforschungen nach Frau van Brandt Erstaunen, dann öffnete ich meine Schreibmappe, um meiner Mutter meine neuen Pläne rückhaltlos mitzuteilen. Die Antwort erfolgte umgehend. Meine gute Mutter stimmte meinen neuen Entschlüssen zu meinem freudigsten Erstaunen nicht allein vollkommen bei, sondern hatte mit einer Energie, die ich ihr gar nicht zutraute, eiligst alle Einrichtungen für ihre Abwesenheit von Hause getroffen und war bereits auf dem Wege nach Edinburgh, um mich auf meiner Reise zu begleiten. »So lange ich Kraft und Lust habe Dich zu begleiten, George,« schrieb sie, »sollst Du nicht allein reisen.«I read it in the temper of a thoroughly disappointed and thoroughly unreasonable man. Whatever poor Mrs. Van Brandt had done, she had done wrong. It was wrong of her, in the first place, to have married at all. It was wrong of her to contemplate receiving Mr. Van Brandt again, even if his lawful wife had died in the interval. It was wrong of her to return my letter of introduction, after I had given myself the trouble of altering it to suit her capricious fancy. It was wrong of her to take an absurdly prudish view of a stolen kiss and a tender declaration, and to fly from me as if I were as great a scoundrel as Mr. Van Brandt himself. And last, and more than all, it was wrong of her to sign her Christian name in initial only. Here I was, passionately in love with a woman, and not knowing by what fond name to identify her in my thoughts! "M. Van Brandt!" I might call her Maria, Margaret, Martha, Mabel, Magdalen, Mary--no, not Mary. The old boyish love was dead and gone, but I owed some respect to the memory of it. If the "Mary" of my early days were still living, and if I had met her, would she have treated me as this woman had treated me? Never! It was an injury to "Mary" to think even of that heartless creature by her name. Why think of her at all? Why degrade myself by trying to puzzle out a means of tracing her in her letter? It was sheer folly to attempt to trace a woman who had gone I knew not whither, and who herself informed me that she meant to pass under an assumed name. Had I lost all pride, all self-respect? In the flower of my age, with a handsome fortune, with the world before me, full of interesting female faces and charming female figures, what course did it become me to take? To go back to my country-house, and mope over the loss of a woman who had deliberately deserted me? or to send for a courier and a traveling carriage, and forget her gayly among foreign people and foreign scenes? In the state of my temper at that moment, the idea of a pleasure tour in Europe fired my imagination. I first astonished the people at the hotel by ordering all further inquiries after the missing Mrs. Van Brandt to be stopped; and then I opened my writing desk and wrote to tell my mother frankly and fully of my new plans. The answer arrived by return of post. To my surprise and delight, my good mother was not satisfied with only formally approving of my new resolution. With an energy which I had not ventured to expect from her, she had made all her arrangements for leaving home, and had started for Edinburgh to join me as my traveling companion. "You shall not go away alone, George," she wrote, "while I have strength and spirits to keep you company."
Drei Tage nachdem ich diese Worte gelesen, waren unsere Reisevorbereitungen beendet und wir waren nach dem Kontinent aufgebrochen.In three days from the time when I read those words our preparations were completed, and we were on our way to the Continent.


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