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Zwei Schicksalswege

Noch nicht geheiltNOT CURED YET
Wir besuchten Frankreich, Deutschland und Italien und waren beinahe zwei Jahre von England abwesend.WE visited France, Germany, and Italy; and we were absent from England nearly two years.
Hatte ich der Zeit und der Abwechselung recht vertraut? War in meiner Erinnerung das Bild von Frau van Brandt wirklich erloschen?Had time and change justified my confidence in them? Was the image of Mrs. Van Brandt an image long since dismissed from my mind?
Nein! Was ich auch tat, um mit den prophetischen Worten der Dame Dermody zu reden, ich suchte unablässig den Weg zu einer dereinstigen Vereinigung mit dem mir verwandten Geiste. In den ersten zwei oder drei Monaten unserer Reise verfolgten mich Träume von der Frau, die mich so entschlossen verlassen hatte. Da sie mir im Schlaf immer reizend erschien, immer voll Anmut, immer bescheiden und herzlich gegen mich erschien, hegte ich die glühende Hoffnung, dass ihre Erscheinung sich mir noch einmal wieder im wachen Zustande zeigen würde - dass sie mich zu einer bestimmten Zeit wieder an irgend einen einsamen Ort berufen würde. Aber meine Erwartungen blieben unerfüllt, die Erscheinung kam nicht. Die Träume von ihr wurden seltener und weniger lebhaft, bis sie ganz aufhörten.No! Do what I might, I was still (in the prophetic language of Dame Dermody) taking the way to reunion with my kindred spirit in the time to come. For the first two or three months of our travels I was haunted by dreams of the woman who had so resolutely left me. Seeing her in my sleep, always graceful, always charming, always modestly tender toward me, I waited in the ardent hope of again beholding the apparition of her in my waking hours--of again being summoned to meet her at a given place and time. My anticipations were not fulfilled; no apparition showed itself. The dreams themselves grew less frequent and less vivid and then ceased altogether.
Konnte ich daraus annehmen, dass ihre Prüfungszeit zu Ende war und dass sie der Hilfe nicht mehr bedurfte, den Mann vergessen hatte, der sie ihr leisten wollte? Sollten wir uns nie wiedersehen?Was this a sign that the days of her adversity were at an end? Having no further need of help, had she no further remembrance of the man who had tried to help her? Were we never to meet again?
»Ich bin nicht wert ein Mann zu sein,« sagte ich mir, »wenn ich sie nun nicht vergesse!« doch sie behielt unverändert ihren Platz in meinem Herzen, was ich mir auch sagen mochte.I said to myself: "I am unworthy of the name of man if I don't forget her now!" She still kept her place in my memory, say what I might.
Ich sah alle Wunder der Kunst und Natur, die fremde Länder aufzuweisen hatten und lebte in dem blendenden Glanze der besten Gesellschaft, die sich in Paris, Rom und Wien vereinigt hatte. Ich verbrachte viele Stunden in Gesellschaft der schönsten Frauen Europas - und doch behielten diese einsame Gestalt an St. Antonios Brunnen und diese großen, grauen Augen, die mit so schwermütigem Ausdruck auf mir geruht hatten, ihren Platz in meiner Erinnerung unwandelbar fest und prägten unauslöschlich ihr Bild in mein Herz ein.I saw all the wonders of Nature and Art which foreign countries could show me. I lived in the dazzling light of the best society that Paris, Rome, Vienna could assemble. I passed hours on hours in the company of the most accomplished and most beautiful women whom Europe could produce--and still that solitary figure at Saint Anthony's Well, those grand gray eyes that had rested on me so sadly at parting, held their place in my memory, stamped their image on my heart.
Ob ich dem Zauber, der mich gefangen hielt zu widerstehen versuchte, oder ob ich ihm folgte - ich sehnte mich stets nach ihr und versuchte mühsam meiner Mutter meinen Zustand zu verbergen. Ihre liebenden Augen entdeckten aber mein Geheimnis, sie sah mich leiden und litt mit mir. Sie sagte mir oftmals: »George, durch Reisen kommen wir nicht zum Ziel, lass uns heimkehren,« und mehr als einmal antwortete ich ihr mit der Entschlossenheit der Verzweiflung:Whether I resisted my infatuation, or whether I submitted to it, I still longed for her. I did all I could to conceal the state of my mind from my mother. But her loving eyes discovered the secret: she saw that I suffered, and suffered with me. More than once she said: "George, the good end is not to be gained by traveling; let us go home." More than once I answered, with the bitter and obstinate resolution of despair:
»Nein lass uns noch neue Menschen und neue Umgebungen aufsuchen.« Erst als ich sah, dass unter den fortdauernden Anstrengungen des Reisens ihre Kraft und Gesundheit litten, gab ich das hoffnungslose Jagen nach Vergessenheit auf und wir kehrten heim."No. Let us try more new people and more new scenes." It was only when I found her health and strength beginning to fail under the stress of continual traveling that I consented to abandon the hopeless search after oblivion, and to turn homeward at last.
Ich vermochte meine Mutter, erst in meinem Hause in London auszuruhen, ehe sie sich nach ihrem Lieblingsaufenthalte, dem Landsitze in Portshire zurückbegab und natürlich blieb ich bei ihr in der Stadt. Meine Mutter war ja jetzt der einzige Gegenstand, der mir das Leben noch wert und teuer machte, denn weder Politik, noch Literatur oder Landwirtschaft, alles Dinge, die ja sonst einem Mann in meiner Lebensstellung von Interesse sind, hatten die geringste Anziehungskraft für mich.I prevailed on my mother to wait and rest at my house in London before she returned to her favorite abode at the country-seat in Perthshire. It is needless to say that I remained in town with her. My mother now represented the one interest that held me nobly and endearingly to life. Politics, literature, agriculture--the customary pursuits of a man in my position--had none of them the slightest attraction for me.
Wir kamen in London, wie man zu sagen pflegt »auf der Höhe der Saison« an. Auf der Bühne erregte in dem Jahre eine Tänzerin durch ihre Anmut und Schönheit die ungeteilteste Bewunderung. In der Zeit, von der ich schreibe war nämlich das Ballett noch die Hauptunterhaltung für das Publikum. Wohin ich kam, fragte man mich, ob ich sie gesehen, bis meine Stellung in der Gesellschaft, als der Einzige, der gleichgültig gegen die Reize der herrschenden Gottheit war, gerade zu unerträglich wurde. So nahm ich denn die nächste Einladung in die Loge eines Freundes an und, ungern genug, ging ich in die Wogen der großen Welt, das heißt, ich ging in die große Oper.We had arrived in London at what is called "the height of the season." Among the operatic attractions of that year--I am writing of the days when the ballet was still a popular form of public entertainment--there was a certain dancer whose grace and beauty were the objects of universal admiration. I was asked if I had seen her, wherever I went, until my social position, as the one man who was indifferent to the reigning goddess of the stage, became quite unendurable. On the next occasion when I was invited to take a seat in a friend's box, I accepted the proposal; and (far from willingly) I went the way of the world--in other words, I went to the opera.
Als wir das Theater betraten, war der erste Akt der Vorstellung vorbei und das Ballett hatte noch nicht begonnen. Während meine Freunde sich damit unterhielten, bekannte Gesichter in den Logen und Rängen zu entdecken, setzte ich mich auf einen Stuhl in die Ecke und wartete auf den Tanz. Meine Gedanken schweiften fern von dem Theater umher. Wie allen Damen, war auch der Dame neben mir die Nachbarschaft eines stummen Herrn unangenehm und sie war entschlossen, mich zur Sprache zu nötigen.The first part of the performance had concluded when we got to the theater, and the ballet had not yet begun. My friends amused themselves with looking for familiar faces in the boxes and stalls. I took a chair in a corner and waited, with my mind far away from the theater, from the dancing that was to come. The lady who sat nearest to me (like ladies in general) disliked the neighborhood of a silent man. She determined to make me talk to her.
»Haben Sie je ein Theater so voll gesehen, Mr. Germaine,« sagte sie, »wie dieses Theater heute Abend ist?«"Do tell me, Mr. Germaine," she said. "Did you ever see a theater anywhere so full as this theater is to-night?"
Sie reichte mir ihr Opernglas, während sie sprach und ich trat an die Logenbrüstung vor, um die Versammlung zu übersehen.She handed me her opera-glass as she spoke. I moved to the front of the box to look at the audience.
Es war ein schöner Anblick, jeder benutzbare Raum schien mir ausgefüllt, als ich allmälig mein Glas vom Fußboden bis zu der Decke des Theaters erhob. Höher und höher sehend, trat dann endlich die Galerie in meinen Gesichtskreis und selbst auf diese Entfernung brachte mir das vorzügliche Glas, welches mir in die Hand gesteckt war, die Gesichter der Zuschauer ganz deutlich nah. Zuerst sah ich die Personen, die sich in der ersten Sitzreihe der Logen auf der Galerie befanden.It was certainty a wonderful sight. Every available atom of space (as I gradually raised the glass from the floor to the ceiling of the building) appeared to be occupied. Looking upward and upward, my range of view gradually reached the gallery. Even at that distance, the excellent glass which had been put into my hands brought the faces of the audience close to me. I looked first at the persons who occupied the front row of seats in the gallery stalls.
Ich drehte mein Glas allmälig im Halbkreise der Sitze herum, bis ich ungefähr in der Mitte anhielt.Moving the opera-glass slowly along the semicircle formed by the seats, I suddenly stopped when I reached the middle.
Mein Herz begann so mächtig zu schlagen, als wollte es mir aus der Brust springen, jenes Gesicht war unter den gewöhnlichen Gesichtern, die es umgaben, nicht zu verkennen, ich hatte Frau van Brandt entdeckt. Sie saß vorne an - aber nicht allein. Ein Mann saß dicht hinter ihr, der sich zu ihr herüber neigte und mit ihr sprach. Sie hörte ihm, wie mir schien, mit müdem, traurigen Ausdruck zu. Wer aber war der Mann? War es möglich das zu ergründen? Jedenfalls wollte ich Frau van Brandt sprechen.My heart gave a great leap as if it would bound out of my body. There was no mistaking that face among the commonplace faces near it. I had discovered Mrs. Van Brandt! She sat in front--but not alone. There was a man in the stall immediately behind her, who bent over her and spoke to her from time to time. She listened to him, so far as I could see, with something of a sad and weary look. Who was the man? I might, or might not, find that out. Under any circumstances, I determined to speak to Mrs. Van Brandt.
Der Vorhang hob sich zum Ballett, aber ich verließ unter dem bestmöglichen Vorwand meine Loge.The curtain rose for the ballet. I made the best excuse I could to my friends, and instantly left the box.
Es gelang mir nicht, Einlass zur Galerie zu erlangen, selbst mein Geld wurde zurückgewiesen, da nicht einmal ein Stehplatz auf der Galerie vorhanden war.It was useless to attempt to purchase my admission to the gallery. My money was refused. There was not even standing room left in that part of the theater.
Es blieb mir nur die Möglichkeit, auf die Straße zurückzugeben und an der Ausgangstür der Galerie, wenn die Vorstellung vorüber war, Frau van Brandt zu erwarten.But one alternative remained. I returned to the street, to wait for Mrs. Van Brandt at the gallery door until the performance was over.
Wer aber war ihr Begleiter, der Mann, der hinter ihr saß und sich zutraulich über ihre Schulter weg mit ihr unterhielt? Diese eine Frage nahm meine Gedanken beim Auf- und Abgehen vor der Tür so völlig ein, dass es mir endlich unerträglich wurde. Nur um den Mann noch einmal anzusehen, kehrte ich zur Loge meiner Freunde zurück.Who was the man in attendance on her--the man whom I had seen sitting behind her, and talking familiarly over her shoulder? While I paced backward and forward before the door, that one question held possession of my mind, until the oppression of it grew beyond endurance. I went back to my friends in the box, simply and solely to look at the man again.
Ich erinnere mich nicht mehr, wodurch ich mein seltsames Benehmen entschuldigte. Mit dem Opernglase der Dame bewaffnet, das ich nämlich ohne Gewissensbiss behielt, wendete ich, als Einziger in dieser großen Versammlung, der Bühne den Rücken und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die Plätze der Galerie.What excuses I made to account for my strange conduct I cannot now remember. Armed once more with the lady's opera-glass (I borrowed it and kept it without scruple), I alone, of all that vast audience, turned my back on the stage, and riveted my attention on the gallery stalls.
Er saß ruhig auf seinem Platz hinter ihr, allem Anschein nach ganz in die Reize der schönen Tänzerin versunken, Frau van Brandt dagegen schien die Leistungen auf der Bühne wenig anziehend zu finden. Sie sah dem Tanze, soviel ich wahrnehmen konnte, ermüdet und zerstreut zu und als der Beifall in wahrhaft wahnsinnigen Zurufen und Händeklatschen losbrach, blieb sie vollständig gleichgültig für den Enthusiasmus, der das Theater erfüllte. Der Mann hinter ihr, wie mir schien, verstimmt durch ihre sichtliche Gleichgültigkeit für die Aufführung, berührte sie ungeduldig an der Schulter, als ob er fürchtete, dass sie auf ihrem Platz einschlafen könnte. Die Vertraulichkeit seines Benehmens, die in mir die Vermutung befestigte, dass er van Brandt sei, versetzte mich in solche Aufregung, dass ich etwas sagte oder tat, was einen der Herren in meiner Loge zu einer Zurechtweisung veranlasse. »Gehen Sie lieber hinaus,« flüsterte er, »wenn Sie sich nicht beherrschen können.« Da er mit dem Rechte eines alten Freundes zu mir sprach, war ich klug genug seinen Rat anzunehmen und auf meinen Posten an der Tür der Galerie zurückzukehren.There he sat, in his place behind her, to all appearance spell-bound by the fascinations of the graceful dancer. Mrs. Van Brandt, on the contrary, seemed to find but little attraction in the spectacle presented by the stage. She looked at the dancing (so far as I could see) in an absent, weary manner. When the applause broke out in a perfect frenzy of cries and clapping of hands, she sat perfectly unmoved by the enthusiasm which pervaded the theater. The man behind her (annoyed, as I supposed, by the marked indifference which she showed to the performance) tapped her impatiently on the shoulder, as if he thought that she was quite capable of falling asleep in her stall. The familiarity of the action--confirming the suspicion in my mind which had already identified him with Van Brandt--so enraged me that I said or did something which obliged one of the gentlemen in the box to interfere. "If you can't control yourself," he whispered, "you had better leave us." He spoke with the authority of an old friend. I had sense enough left to take his advice, and return to my post at the gallery door.
Kurz vor Mitternacht endete die Vorstellung und die Zuschauer strömten aus dem Theater.A little before midnight the performance ended. The audience began to pour out of the theater.
Aus meiner stillen Ecke hinter der Tür beobachtete ich die Treppe zur Galerie und wartete auf sie. Nach einer, wie mir schien, endlosen Zeit, sah ich sie und ihren Begleiter die Treppe herunter kommen. Sie trug einen langen, dunklen Mantel, ein zierlicher Hut bedeckte ihren Kopf und erschien darauf als die kleidsamste Kopfbedeckung, die eine Frau tragen kann. Ich hörte den Mann in verdrießlichem Tone zu ihr sprechen, als sie an mir vorüber kamen.I drew back into a corner behind the door, facing the gallery stairs, and watched for her. After an interval which seemed to be endless, she and her companion appeared, slowly descending the stairs. She wore a long dark cloak; her head was protected by a quaintly shaped hood, which looked (on her) the most becoming head-dress that a woman could wear. As the two passed me, I heard the man speak to her in a tone of sulky annoyance.
»Dich in die Oper führen, heißt sein Geld wegwerfen,« sagte er. "It's wasting money," he said, "to go to the expense of taking you to the opera."
»Ich bin nicht wohl,« antwortete sie mit gesenktem Kopf und niedergeschlagenen Augen. »Ich bin heute Abend so verstimmt.«"I am not well," she answered with her head down and her eyes on the ground. "I am out of spirits to-night."
»Willst Du nach Hause fahren oder gehen?«"Will you ride home or walk?"
»Wenn es Dir recht ist, will ich gehen.«"I will walk, if you please."
Ich folgte ihnen, unbeobachtet, bis die Massen sich verlaufen hatten, dann wollte ich mich ihr zeigen. Nach wenigen Minuten bogen sie in eine Querstraße ein, ich beschleunigte meine Schritte, bis ich dicht neben ihr war, nahm dann den Hut ab und redete sie an.I followed them unperceived, waiting to present myself to her until the crowd about them had dispersed. In a few minutes they turned into a quiet by-street. I quickened my pace until I was close at her side, and then I took off my hat and spoke to her.
Mit einem Ausruf des Erstaunens erkannte sie mich und für einen Augenblick erleuchtete ihr Gesicht der lieblichste Ausdruck der Freude, den ich je auf einem menschlichen Antlitz sah - im nächsten Augenblick war Alles vorbei! Die reizenden Züge wurden wieder düster und hart, sie stand vor mir, als wäre sie schuldbeladen und sprach kein Wort, nahm selbst nicht meine dargereichte Hand.She recognized me with a cry of astonishment. For an instant her face brightened radiantly with the loveliest expression of delight that I ever saw on any human countenance. The moment after, all was changed. The charming features saddened and hardened. She stood before me like a woman overwhelmed by shame--without uttering a word, without taking my offered hand.
Ihr Begleiter brach das Schweigen.Her companion broke the silence.
»Wer ist der Herr?« fragte er, mit ausländischem Akzent und einer gewissen Unverschämtheit in Ton und Gebärde."Who is this gentleman?" he asked, speaking in a foreign accent, with an under-bred insolence of tone and manner.
Im Augenblick, als er sie anredete, überwand sie sich und antwortete: »Es ist Mr. Germaine, ein Herr, der in Schottland sehr gütig gegen mich war.« Sie schlug einen Moment lang ihre Augen zu mir auf und nahm ihre Zuflucht zu einer förmlichen, höflichen Frage nach meinem Befinden. »Ich hoffe es geht Ihnen gut, Mr. Germaine,« sagte die weiche, süße Stimme immer bebend.She controlled herself the moment he addressed her. "This is Mr. Germaine," she answered: "a gentleman who was very kind to me in Scotland." She raised her eyes for a moment to mine, and took refuge, poor soul, in a conventionally polite inquiry after my health. "I hope you are quite well, Mr. Germaine," said the soft, sweet voice, trembling piteously.
Ich gab die gewöhnliche Antwort und erklärte, dass ich sie in der Oper gesehen hätte. »Leben Sie in London?« fragte ich, »und kann ich die Ehre haben Ihnen meine Aufwartung zu machen?«I made the customary reply, and explained that I had seen her at the opera. "Are you staying in London?" I asked. "May I have the honor of calling on you?"
Ehe sie sprechen konnte, antwortete ihr Begleiter für sie:Her companion answered for her before she could speak.
»Meine Frau dankt Ihnen für die Ehre, die Sie ihr erweisen wollen, mein Herr, sie empfängt aber keinen Besuch. Wir beide wünschen Ihnen eine gute Nacht!«"My wife thanks you, sir, for the compliment you pay her. She doesn't receive visitors. We both wish you good-night."
Bei diesen Worten nahm er den Hut mit spöttischer Verbindlichkeit ab und zwang sie, ihren Arm fest haltend, ohne Aufenthalt mit ihm weiter zu gehen. In der festen Überzeugung, die ich nun gewonnen hatte, dass der Mann kein Anderer als van Brandt war, stand ich im Begriff ihm eine scharfe Antwort zu geben, die Frau van Brandt aber sogleich abschnitt.Saying those words, he took off his hat with a sardonic assumption of respect; and, holding her arm in his, forced her to walk on abruptly with him. Feeling certainly assured by this time that the man was no other than Van Brandt, I was on the point of answering him sharply, when Mrs. Van Brandt checked the rash words as they rose to my lips.
»Um meinetwillen!« flüsterte sie mir zu und ihr flehender Blick brachte mich sofort zum Schweigen. Es lag ja allerdings ganz in ihrem freien Willen zu dem Mann zurückzukehren, der sie so abscheulich betrogen und verlassen hatte oder nicht. Ich verneigte mich und ging. Das Gefühl der Demütigung, dass ich der Nebenbuhler von Herrn van Brandt war, erfüllte mich mit grenzenloser Bitterkeit."For my sake!" she whispered, over her shoulder, with an imploring look that instantly silenced me. After all, she was free (if she liked) to go back to the man who had so vilely deceived and deserted her. I bowed and left them, feeling with no common bitterness the humiliation of entering into rivalry with Mr. Van Brandt.
Ich ging auf die andere Seite der Straße, aber ehe ich drei Schritte weit gegangen war, bemächtigte sich der alte Zauber, den sie auf mich ausübte, wieder meiner und, ohne mich zur Selbstbeherrschung zu zwingen, entschloss ich mich, mich zum Spion zu erniedrigen und ihnen nach ihrer Wohnung zu folgen. Das gelang mir denn auch, da ich vorsichtig auf der andern Seite der Straße hinter ihnen her ging und so ihre Haustür erreichte, ich verzeichnete Straße und Nummer genau in mein Notizbuch.I crossed to the other side of the street. Before I had taken three steps away from her, the old infatuation fastened its hold on me again. I submitted, without a struggle against myself, to the degradation of turning spy and following them home. Keeping well behind, on the opposite side of the way, I tracked them to their own door, and entered in my pocket-book the name of the street and the number of the house.
Niemand, der diese Zeilen liest, kann mich härter beurteilen, als ich selbst es tat. Wie durfte ich eine Frau lieben, die mir absichtlich einen Schurken vorzog, der sie heiratete, während er schon mit einer andern Frau getraut war und doch trotzdem ich Alles das wusste, liebte ich sie mit derselben Innigkeit! Es war unglaublich und entsetzlich - aber es war wahr! Zum ersten Male in meinem Leben nahm ich meine Zuflucht zum Wein, um das Gefühl meiner Erniedrigung zu vergessen. Ich ging nach meinem Club, wo ich mich einer heiteren Abendgesellschaft zugesellte und vergeblich den Champagner Glas auf Glas herunter goss, denn meine Stimmung erheiterte sich dennoch nicht und es gelang mir nicht, auch nur für einen Augenblick das Bewusstsein meiner verächtlichen Handlungsweise loszuwerden. Verzweifelt ging ich zu Bett und in der schlaflosen Nacht, verfluchte ich jenen verhängnisvollen Abend, wo ich ihr zum ersten Male am Ufer des Flusses begegnete. Wie ich sie aber auch schmähen mochte, wie tief ich mich selbst verachtete, ich liebte sie trotz alledem!The hardest critic who reads these lines cannot feel more contemptuously toward me than I felt toward myself. Could I still love a woman after she had deliberately preferred to me a scoundrel who had married her while he was the husband of another wife? Yes! Knowing what I now knew, I felt that I loved her just as dearly as ever. It was incredible, it was shocking; but it was true. For the first time in my life, I tried to take refuge from my sense of my own degradation in drink. I went to my club, and joined a convivial party at a supper table, and poured glass after glass of champagne down my throat, without feeling the slightest sense of exhilaration, without losing for an instant the consciousness of my own contemptible conduct. I went to my bed in despair; and through the wakeful night I weakly cursed the fatal evening at the river-side when I had met her for the first time. But revile her as I might, despise myself as I might, I loved her--I loved her still!
Unter den Briefen, die ich am andern Morgen auf meinem Tische fand, waren zwei, die in der Erzählung erwähnt werden müssen.Among the letters laid on my table the next morning there were two which must find their place in this narrative.
Die Handschrift auf dem Einen hatte ich schon einmal in dem Hotel in Edinburgh gesehen, die Schreiberin war Frau van Brandt.The first letter was in a handwriting which I had seen once before, at the hotel in Edinburgh. The writer was Mrs. Van Brandt.
»Um meinetwillen,« so lautete der Brief, »machen Sie keinen Versuch weiter, mich zu sehen und schlagen Sie die Einladung aus, die Sie, wie ich fürchte, mit diesen Zeilen zugleich erhalten werden. Ich bin für mein Leben entehrt und Ihrer Beachtung nicht mehr würdig, Sie sind es sich selbst schuldig, mein Herr, ein elendes Weib zu vergessen, das Ihnen heute zum letzten Male schreibt und Ihnen voll Dankgefühl ein letztes Lebewohl sendet.«"For your own sake" (the letter ran) "make no attempt to see me, and take no notice of an invitation which I fear you will receive with this note. I am living a degraded life. I have sunk beneath your notice. You owe it to yourself, sir, to forget the miserable woman who now writes to you for the last time, and bids you gratefully a last farewell."
Diese traurigen Worte waren nur mit Buchstaben unterzeichnet und befestigten in mir, was ich wohl kaum zu sagen brauche, den Entschluss sie auf jeden Fall wiederzusehen. Als ich das Papier geküsst hatte, das ihre Hand berührt, las ich den zweiten Brief, der richtig die oben erwähnte »Einladung« enthielt und also lautete:Those sad lines were signed in initials only. It is needless to say that they merely strengthened my resolution to see her at all hazards. I kissed the paper on which her hand had rested, and then I turned to the second letter. It contained the "invitation" to which my correspondent had alluded, and it was expressed in these terms:
»Indem Herr van Brandt Mr. Germaine seine Hochachtung bezeigt, erbittet er sich seine Verzeihung für die etwas schroffe Weise, in der er Mr. Germaines höfliches Entgegenkommen, erwiderte. Da Herr van Brandt stets an nervöser Reizbarkeit leidet und gerade gestern Abend besonders unwohl war, hofft er, dass Mr. Germaine diese aufrichtige Entschuldigung in dem Sinne auffassen wird, wie sie niedergeschrieben ist und erlaubt sich hinzuzufügen, dass Frau van Brandt sich glücklich schätzen wird, Mr. Germaine zu empfangen, sobald es ihm belieben wird, bei ihr vorzusprechen.«"Mr. Van Brandt presents his compliments to Mr. Germaine, and begs to apologize for the somewhat abrupt manner in which he received Mr. Germaine's polite advances. Mr. Van Brandt suffers habitually from nervous irritability, and he felt particularly ill last night. He trusts Mr. Germaine will receive this candid explanation in the spirit in which it is offered; and he begs to add that Mrs. Van Brandt will be delighted to receive Mr. Germaine whenever he may find it convenient to favor her with a visit."
Nachdem ich die beiden Briefe gelesen hatte, stand die Überzeugung in mir fest, dass Herr van Brandt, als er dieses unverschämte Schriftstück an mich verfasste, irgendeinem schmutzigen eigennützigen Zwecke diente und dass die unglückliche Frau, die seinen Namen trug, über sein Vorhaben tief beschämt sein musste. Der natürliche Argwohn, den ich gegen diesen Mann und seine Zwecke empfand, brachte mich unverzüglich zum Entschluss, welchen Weg ich ihm gegenüber einzuschlagen hatte und ich war sogar erfreut, dass Herr van Brandt selbst mir ein Wiedersehen mit seiner Frau ermöglichte, mochten seine Beweggründe nun sein, welche sie wollten.That Mr. Van Brandt had some sordid interest of his own to serve in writing this grotesquely impudent composition, and that the unhappy woman who bore his name was heartily ashamed of the proceeding on which he had ventured, were conclusions easily drawn after reading the two letters. The suspicion of the man and of his motives which I naturally felt produced no hesitation in my mind as to the course which I had determined to pursue. On the contrary, I rejoiced that my way to an interview with Mrs. Van Brandt was smoothed, no matter with what motives, by Mr. Van Brandt himself.
Bis Mittag wartete ich geduldig zu Hause, dann aber war es mir unmöglich länger auszuhalten; indem ich für meine Mutter, der zu begegnen mich doch mein natürliches Schamgefühl verhinderte, eine Entschuldigung zurück ließ, eilte ich davon um gleich von meiner Einladung an demselben Tage, wo ich sie erhielt, Gebrauch zu machen.I waited at home until noon, and then I could wait no longer. Leaving a message of excuse for my mother (I had just sense of shame enough left to shrink from facing her), I hastened away to profit by my invitation on the very day when I received it.


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